Alarm Shanghai Hamburg


Wie sag ich's den Massen?

"Es gibt vier Sorten von Theater", stellt der chinesische Sohn der Familie Chi fest: "Ein Theater mit Inhalt, aber schlecht gemacht. Theater ohne Inhalt, aber gut gemacht. Theater ohne Inhalt, schlecht gemacht und schließlich gutes Theater mit Inhalt."

Showcase Best le Mot versuchen in ihrer Performance "Alarm Hamburg Shanghai" für alle Geschmäcker etwas parat zu halten. So zeigen sie in einer Fortsetzungsgeschichte über die chinesische Familie Chi, wie sich das Engagement des braven Sohnes für den chinesischen Staat beim Bau eines Staudammes auf seine Gesundheit und seine Gesinnung auswirkt. Doch Schwarzwaldklinik ist weit entfernt. Brechts Epische Theater liegt viel näher. Deklamierend werden die Textpassagen des Lehrstückes aufgesagt.

Neben den Inhalten kommt die Unterhaltung bei den vier Herren nicht zu kurz: Löwentanz mit chinesischen Masken, ein Hochhäuserballett aus Pappkartons, Finger-Thai-Chi untermalt die nebenbei verabreichten Informationen über die Abfolge der glorreichen Zeitalter der chinesischen Geschichte.

Die engagierten Vier versuchen dem Geiste Chinas mit allen Sinnen nahe zu kommen. Für die leiblichen Genüsse wurde mit chinesischer Suppe und Getränken gesorgt. Die Plätze waren auf zwei Seiten der raumhohen Pappkartonwände zu suchen. Stetiger Seitenwechsel hielt die Zuschauer in Schwung. Das war auch sinnvoll bei dem dreieinhalbstündigen, reichhaltigen Programm, das sich in der zweiten Hälfte steigerte. Denn jetzt wurde der besondere Design-Entwurf des Theaterteams für eine Volkswagenproduktionsstätte in China vorgestellt: Er offenbarte unverhohlen ihre Kritik am globalisierten Kapitalismus. Auch die kritische Haltung zu der diktatorischen Umsetzung des chinesischen Kommunismus war nicht zu überhören. "Zuerst werden nur weniger reich werden", wurde Deng zitierte, wie er sein schwer schuftendes Volk der Billigarbeiter auf die noch glorreichere Zukunft vertröstete. Immer wieder bereit zum langen Marsch und zum großen Sprung zeichnet es sich durch Duldsamkeit und Disziplin aus.

Doch Showcase Beat le Mot erlaubt sich am Schluss einen hoffnungsfrohen Ausblick: Der mutige Sohn Chi erkennt in der letzten Folge der chinesischen Soap: Neue Lagen erfordern neue Traditionen; bei neuen Fragen muss es auch erlaubt sein neu nachzudenken.

Birgit Schmalmack vom 3.4.05

www.hamburgtheater.de