Mein Kampf


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Zum Totlachen

Ein schüchterner Muttersöhnchen im braven Hemd und Pullunder sucht Unterschlupf im heruntergekommenen Wiener Männerheim von Schlumo Herzl (Werner Wölbern). Er ist in die Hauptstadt gekommen, um sein Leben der Kunst zu widmen. Seine "Stillleben im Zwielicht" hat er in seiner Zeichenmappe zur Aufnahmeprüfung für die Kunsthochschule gesammelt. Trotz der liebevollen Imageberatung von Schlumo wird er abgelehnt; sein Talent würde ihn allerhöchstens zum Anstreicher qualifizieren, heißt es zur Begründung. So beschließt der Zurückgewiesene seine zweite Passion zu verfolgen; er will die Welt erobern. In dem Männerwohnheim kann er seine ersten Unterwerfungsversuche an seinem Wirt ausprobieren, als Jude ist dieser für den Möchtegern-Diktator ein geeignetes Opfer. Denn der übereifrige, ungelenke, ungeschickte Junge heißt Adolf Hitler. Der gutmütige Schlumo nimmt den stets schwitzenden, vor Unwissenheit sich windenden, nach Liebe gierenden Jüngling zunächst nicht ernst und greift ihm aus Mitleid unter die Arme. Erst spät begreift er, dass er in "Adi" seinen eigenen Schlächter hochgezogen hat.

George Tabori versteht es wie kein anderer sich in einem sicheren Balanceakt über das Grauen lustig zu machen. In einer Steigerung der historischen Absurditäten verdichtet er das Geschehen. Der junge Regisseur David Bösch ist es auf bewundernswerte Weise gelungen, diese Gratwanderung zwischen Übertreibung und Realität, zwischen Slapstick und Tatsachen, zwischen Humor und grauenvoller Wahrheit in seiner Inszenierung von "Mein Kampf" zu unterstützen und noch zu steigern. Das liegt vor allen Dingen an Timo Moeves, der den Hitler in einer schauspielerischen Glanzleistung. darstellt. Er macht das mit einem Körpereinsatz, der alles über die Psyche dieser Mannes verrät. Das ist so bitter komisch, dass das Lachen im Halse stecken bleibt. Immer könnte der Witz zum Klamauk umschlagen, tut es aber mit schlafwandlerischer Sicherheit nie. Tabori hätte diese Inszenierung sicher gefallen.

Birgit Schmalmack vom 30.10.05