Weil Lust eine Farbe hat


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Im eigenen Film

Katharina guckt nicht mehr gerne Fernsehen. Seit der Explosion in einer indonesischen Diskothek, in der sie mit ihrem damaligen Freund Jürgen einfach nur tanzen wollte, ist sie blind. Sie lebe lieber in ihrem eigenen Film, lacht sie entschuldigend.

Katharina kann nicht mehr in die Gesichter der Menschen sehen, um sie einzuschätzen. Stattdessen ordnet sie ihnen Farben zu. Ihr Schwager ist für sie gelbgrün, so geizig und bestimmend, wie er ist. Lange Zeit war sie voll des Hasses. Schwarz und grün sei der gewesen. Ihre Schwester, die sie nach der Tat, bei der ihren braun-gelben Jürgen verlor, aufnahm, ist für Katharina der hellrosa. Sie dagegen kleidet sich gerne in knallrot. Genau in diesem leuchtenden Outfit will sie heute auf den Friedhof, um den 10. Jahrestag des Todes ihres Freundes zu begehen. Eine gute Gelegenheit um ihr bisheriges Leben Revue passieren zu lassen. Am Schluss erkennt sie, dass auch die Lust eine Farbe hat. Doch welche? Nach zehn Jahren will sie das endlich herausfinden.

Kathinka Schirk-May fühlt sich in ihrem Monolog auf der Bühne des Monsuntheaters in die blinde Frau Katharina ein. Sie sitzt in ihrem engen roten Kleid auf einer weißen Parkbank und erzählt von ihrem Leben. Schirk-May benutzt ausschließlich ihre Worte um die Fantasie der Zuschauer in Gang zu setzen. Auf Dekoration oder Musik verzichtet sie. Dennoch schafft sie es einen Spannungsbogen aufzubauen, der bis zum Ende der gut eineinhalbstündigen Aufführung hält. Sie zeigt eine beeindruckende Frau, die sich ihrem Schicksalsschlag stellt und sich auf ihre Weise einen neuen Weg erarbeitet. Eine interessante Theaterarbeit im Alleingang.

Birgit Schmalmack vom 29.1.07