Wörter und Körper


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Bericht von
Abendblatt

Verlust der Zusammenhänge

Lina Sommer steht in einer Boutique: "Ich suche etwas Neues!" Verkäuferin: Was soll denn sein?" Lisa: "Egal, nur neu! Vielleicht einen Hut. Dann weiß ich wenigstens immer, wo mir der Kopf steht."

Die 38-jährige Lina ist der Zusammenhang in ihrem Leben verloren gegangen. Nun steht sie mit ihrem neuen Hut in der Bahnhofshalle und versucht wieder "sehen" zu lernen. Im Zuge dieser Suche nach Erkenntnis trifft sie auf Menschen, die sie kurze Zeit später wieder aus den Augen verliert und für die sie aber dennoch etwas verändert. Ein Dichter, der sie mit zu sich nach Hause nimmt, überwindet nach ihrer Begegnung seine Schreibblockade. Ihre Tante, die sie nach langen Jahren wieder einmal besucht, erkennt, dass ihr Mann eine Affäre hat und trennt sich von ihm. Auch dessen Geliebte, die Lina kurz auf dem Bahnhof gesehen hat, verabschiedet sich von ihm.

Für Lina selbst scheint sich indes kaum etwas zu verändern. Am Ende steht sie genauso ratlos wie am Anfang vor der Aufgabe, die ihr Leben ist. Dennoch beginnt sie etwas zu verstehen: Genauso funktioniert das Leben: Ein Gespinst aus lauter scheinbar zufälligen Ereignissen webt sich zu einem Netz aus Begegnungen, Beziehungen und Erlebnissen zusammen. Manchmal erweisen sie sich eben als tragfähig, manchmal nicht.

Hasko Weber hat Heckmanns sprachverliebtes Stück "Wörter und Körper" am Schauspiel Stuttgart inszeniert, das als Gastspiel im Thalia zu sehen war. Die Bühne ist fast völlig nackt. Nur ein Bett steht unter den zwei Toren aus Neonröhren. Etwas verloren stehen die Personen auf dem leeren schwarzen Platz. Das passt natürlich hervorragend zur Aussage des Stückes, dennoch verstärkte sich der Eindruck, dass dieses Stück vielleicht noch besser auf einer kleinerer Bühne wie im Thalia in der Gaußstraße zur Geltung gekommen wäre.

Weber versteht es aber mit seinem versierten Ensemble eine Komik in den Text zu bringen, der der zugrunde liegenden Melancholie zur Leichtigkeit verhilft. Das Publikum im Thalia Theater spendete am Schluss der knapp eineinhalbstündigen Aufführung begeisterten Applaus für den unterhaltsamen Abend.

Birgit Schmalmack vom 11.6.07