Eine traditionelle türkische Hochzeit


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Amüsante Hintergrundinformationen

In Deutschland wird viel über rückschrittliche, türkische Traditionen debattiert. Besonders die Gebräuche, die sich um die Verheiratung von türkischen Frauen und Männern ranken, sind in das Blickfeld der Kritik geraten. Von Zwangsverheiratungen und Ehrenmorden, die durch die Tradition begründet sind, ist oft zu hören. Doch wie sieht diese Tradition in ihrer ursprünglichen Form eigentlich aus?

Zu diesem Thema hat der Türkische Frauen Kulturverein in Hamburg in Zusammenarbeit mit der VHS ein Theaterstück auf die Bühne gebracht, das jetzt in Farmsen zum dritten Mal aufgeführt wurde. Bewusst wurde es auf Deutsch und Türkisch dargeboten. Während die Erzählerin die Szenen auf Deutsch einleitet und erklärt, werden die theatralischen Darstellungen in der türkischen Originalsprache dargeboten. Gerade letztere, die von Hamburger Laiendarstellern mit ironisch-humorvoller Überzeichnung gespielt wurden, trugen sehr zur Erheiterung des überwiegend türkischstämmigen Publikums bei. Für die perfekte musikalische Untermalung sorgte die Live-Musik von Dr. Latif Durlanik auf der Saz.

Für die heikle Angelegenheit einer neuen verwandtschaftlichen Verbindung gibt es genau vorgeschriebene Regeln, die bei ihrer strikten Einhaltung dafür Sorge tragen sollen, dass Streitigkeiten schon im Vorfeld vermieden werden. Für jeden der Beteiligten gibt es detaillierte Verhaltensmuster, die den Dorffrieden erhalten sollen.

Auf dem Platz am Brunnen wird die Gelegenheit von den jungen Mädchen und Männern genutzt zaghafte Blickkontakte zu knüpfen. Dort entdeckt der stolze Bauernsohn die hübsche Fatma. Ein erster Brief wird durch die Schwester überbracht. Dann wird seine Mutter in Kenntnis gesetzt, die wiederum den Vater vorsichtig informiert. Eine Vermittlerin wird beauftragt, bei Fatmas Mutter vorsichtig nachzufragen, ob sie einer Verbindung zustimmen würden. Danach befragt diese ihre Tochter. Senkt sie still den Kopf und widerspricht den Ansinnen nicht, gilt dies als ihre Zustimmung. Dann wird ihr Vater von der Mutter in Kenntnis gesetzt und um seine Erlaubnis gefragt. Lautet die Antwort nicht nein, ist ein Besuch von seinen Eltern bei Fatmas Familie der nächste Schritt. Danach muss noch die übrige Verwandtschaft befragt werden, ob sie Einwände gegen diese Verbindung vorbringen kann. Ist das nicht der Fall, können die Hochzeitsvorbereitungen beginnen. Während die Familie das Fest plant, das bis zu einer Woche dauern kann, haben die jungen Leute Zeit sich unter Aufsicht ein wenig kennen zu lernen.

Das Text, der von Süreyya Turhan geschrieben, von Azmi Celik und Naci Özarslan für die Theaterfassung um die Dialoge ergänzt und unter der Regie von Özarslan inszeniert worden ist, gibt Einblicke in die unverfälschten, anatolischen Hochzeitstraditionen. So könne sich das Publikum ein objektives Bild davon machen, ob es sich bei diesen Eheanbahnungen um Zwangsverheiratungen handele, erläuterte die Vereinsvorsitzende Birsen Cilek zum Hintergrund des Stückes. Auf die Frage wohin sich diese Traditionen in einer städtischen Umgebung in der Türkei und im Zusammenleben mit einer liberalen Individualitäts-Kultur in Deutschland entwickeln werden, konnte sich jeder der Zuschauer dann im anschließenden Gespräch bei Börek und Tee seine eigene Meinung bilden.

Birgit Schmalmack vom 10.12.07

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