Invasion!


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Von wegen langweilig - abulkasem!

"Mega langweilig!" so tönt es aus der zweiten Reihe, als auf der Bühne in altertümlichen Versen die Geschichte von Abulkasem vorgetragen wird. Doch dann ist es vorbei mit dem staubtrockenen öden Theater, denn die unzufriedenen Zuschauer stürmen die Bühne und erzählen ihre Geschichte von Abulkasem. Zunächst war Abulkasem nur ein Wort, das seine eigene Geschichte hatte. Mal bedeutete es langweilig, mal obercool, mal war es ein Adjektiv, mal ein Verb. Man konnte mit diesem Zaubernamen sogar Mädchen verführen. Doch dann tauchte die Frage auf: Wer ist eigentlich dieser Abulkasem?

Man lädt kurzerhand zur Expertenrunde. Da sitzen die bebrillten Wissenschaftler und erläutern im lautstarken Wettstreit den jetzigen Forschungsstand. Geboren im Iran, geflohen nach Deutschland, steht er dann vor ihnen. Gebückt, in schlabberigem Hemd, redet er von seinen zerbrochenen Hoffnungen in diesem Land. Seine Übersetzerinnen peppen seine Geschichte ein wenig nach ihren Vorstellungen auf: Aus dem Jungen, der die Popgruppe Abba verehrte und ein Sänger werden will, wird einer, der Mohammed verehrt und Selbstmordattentäter werden will.

Aus der Sicht eines Jungen wird dann der letzte Teil der Geschichte erzählt: Wie Abu sich selbst verletzt, um seine Aussichten auf Annahme des Asylantrags zu erhöhen.

Atemberaubend inszeniert Michael Müller den Text von Jonas Hassen Khemiri mit den Absolventen des Schauspielstudios Frese. Er gibt den wunderbaren Darstellern Gelegenheit ihre zahlreichen Talente im Laufe der Aufführung zu zeigen. Lockere, improvisiert wirkende Spielszenen wechseln mit eindrucksvollen Monologen, gekonnte Tanz- und Singeinlagen mit choreographierten Gruppenszenen. Schnell werden die Rollen und Stimmungen gewechselt. Dieser Schauspieler ((Philippe Heule, Vanessa Czapla, Henrike Richters, Cino Djavid, Janina Kutschan, Joelle Rose Benhamou, Martin Winkelmann, Federike Falk, Jan-Friedrich Schaper) sind allesamt Könner ihres Fachs, die man gerne bald wieder auf einer Hamburger Bühne sehen möchte.

Die Revolte der Zuschauer hatte sich gelohnt: kein langweiliger, sondern ein spannender unterhaltender, anregender und temporeicher Theaterabend war auf der Bühne des Monsun Theaters zu sehen.

Birgit Schmalmack von 4.3.09