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Die Liebe, ein Eisblock?

Die Frauenliebe und das Frauenleben, eine Abfolge von selbst gewählten Erniedrigungen? Der Liederzyklus von Schumann zu den Gedichten von Chamisso aus dem Jahr 1840 legt das nahe. Zur selben Zeit lebte allerdings auch Geesche Gottfried, die ihren Lebenssinn ganz anders auslegte. Als Serienmörderin entledigte sie sich aller derjenigen, die ihr Leben zu beeinflussen suchten. Ebenso erfolgreich war fast 200 Jahre später eine Frau, die in Amerika ein riesiges Medienunternehmen aus einem kleinen Catering-Service aufbaute. Ihr Unternehmen LivingStewart Omnimedia hatte den einzigen Inhalt, ihre Person geschickt zu vermarkten.

Alle diese Aspekte eines möglichen Frauenlebens führt Regisseur Johannes Müller in einer absurd-witzigen Musiktheaterperformance zusammen. Die Produktion, die nach der Berliner Premiere Anfang Februar nun auch als Gastspiel im Sprechwerk zu sehen war, war voller überraschender Parallelitäten, bissiger Ironie und irritierender Bilder.

Da wiegt die Sängerin ihre Liebe wie ein Baby an ihrer Brust. Doch diese Liebe ist ein Eisblock, der beim zu Boden Fallen in tausend Stücke zerspringt. Martha Stewart sieht in ihnen sofort den praktischen Mehrwert: Sie benutzt sie um damit einen Cocktail zu mischen. Doch sie demonstriert mit ihm nicht nur die Zubereitung eines Drinks, sondern gibt gleichzeitig Tipps zur Heimverschönerung: Mit der grünen Farbe pinselt sie das Wort "Bitch" auf die weiße Leinwand.

Die drei Darsteller beeindruckten mit ganz unterschiedlicher Präsenz auf der Bühne. Die Sängerin Denise Schönefeld durch ihre wunderschöne Darbietung des Schumann- Zyklus. Die Performerin Kirsten Burger mit ihrer körperbetonten Darstellung der Karrierepowerfrau, deren Erfolgswillen sich keiner in den Weg stellen darf - schon gar kein Mann. Und der Schauspieler Armin Dallapiccola, der die Serienkillerin in schwarzen Männerklamotten als benah sanfte, klar planende Unternehmerin darstellt. Die drei fahrbaren Tische werden zum Schluss zu einem langen Seziertisch, auf dem die Frauenliebe in Gestalt der Karrierefrau Tomatensoßen überströmt zur Obduktion bereit liegt.

Beeindruckender Beweis der Experimentierfreudigkeit Berliner Künstler, der sich auch für das Hamburger Publikum als anregend erwies.

Birgit Schmalmack vom 28.2.09