La Traviata - Opernloft


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Gefühle sind nur Störungen im Betriebsablauf

Drei weiße Würfelkammern stehen nebeneinander auf der Bühne, jeweils durch eine Tür verbunden. In der mittlerer posiert Violetta (Darlene Dobisch) in schwarzroter Spitze vor der Webcam. Alfredo (Jan Behnken) liegt hingerissen vor ihrem Beamer-Bild auf dem Boden seiner Kammer. Rechts wartet Alfredos Vater (Alexander Schattenberg), bieder mit Bierbäuchlein und Schnauzer, still sein Butterbrot essend auf seinen Einsatz als Hüter des Anstands.

"Violetta arbeitet von zuhause aus und bezahlt ihre Steuern", steht in violetten Lettern auf der kleinen Schriftfläche über der Bühne. Sie verdient ihr Geld mit den Fantasien der Männer, die sie gerne bedient. Alfredo aber will aus dieser Fantasie Realität werden lassen. Er bricht in ihre Kammer ein und öffnet die Tür zwischen beiden. Violetta lässt sich zögernd auf sein Werben ein. Doch auch als sie schon zusammen leben, bleibt das Thema "Projektion" bestimmend. Ihre Beziehung ist geprägt von den Bildern, die sich die Partner vom anderen machen. Während sie in Ruhe ein Buch lesen will, verfolgt er sie permanent mit der Cam. Selbst ihr Liebesspiel würde er am liebsten aufzeichnen.

Das 2. Bild des 2. Aktes findet während der Pause im Foyer statt. Mitten zwischen den Stehtischen der Zuschauer verspielt Alfredo sein Glück. Nach dem aktionreichen Pausenzwischenspiel ist Violettas Leiden unübersehbar: Assistiert von Alfredos Vater schminkt sie sich nicht die Schönheit sondern die Trauer und Verletzung ins Gesicht. Auch diese bleibt eine Projektion: Der Vater zeichnet ihre Abschiedsarie auf. Die gebrannte CD wird Violettas Abschiedsgeschenk für Alfredo sein.

Mit Rainer Holzapfel hat das Opernloft zu seiner ersten Premiere in den neuen Räumen in der City einen mutigen kreativen Kopf gefunden, der Neues, Spannendes und Faszinierendes wagt. Das hat sich rundum ausgezahlt. Nicht nur kamen die schönen, großzügigen Räumlichkeiten bestens zur Geltung, begeisterte das schlichte, sinnige Bühnenbild sondern faszinierte auch die ungewöhnliche Instrumentierung (Musikalische Leitung: Markus Bruker) mit Klavier, Klarinette und Akkordeon. Der Mut zahlte sich aus. Die spannenden neuen Klangfarben untermalten hervorragend die dröhnende Dramatik der Entwicklungen. "La Traviata" zeigt musikalische und inszenatorische Qualität, die einen würdigen Auftakt für das "neue" Opernloft setzt.

Birgit Schmalmack vom 17.2.11