Lukas


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Überschreiten der Grenzen

Junge Männer auf dem Weg ins eigene Leben. Was treibt sie an, was bewegt sie, was interessiert sie, womit beschäftigen sie sich? Dieser Frage wollten vier Choreographen mit Nachwuchsdarstellern und -tänzern nachspüren. In einer surrealen Landschaft zwischen burgummauerten Igluzelten vor verträumter Seenlandschaft zogen sie ihre Erkundungstouren.

Die Choreographie von Philipp van der Heijden wagte sich kaum vom Boden zu lösen. Jascha Viehstädt bewegte sich nur robbend über die Erde. Wenn er seinen Gefühlen mit Urlauten Ausdruck verleihen wollte, verkroch er sich in eines der Zelte.

Auch die zweite Choreographie von Antoine Effroy lebte von der Selbstvergewisserung: "Dies ist die Mauer, dies ist der Boden", schritt der junge Mann (Clemens Ansorg) sein Territorium ab. Kommunikation wagte er nur über den Ticker im SMS-Stil.

Die dritte Arbeit von Lucia Glass begab sich weiter auf neues Terrain: Ein Kleid aus Papier kleidete den Mann (Philipp Kronenberg). Geräuschvoll schritt er dahin. Sein Gewand warf immer neue Falten. Das Papier war unbeschriftet, dafür hatten die Schriftzeichen sich auf seinem Körper breit gemacht. Der junge Mann zeigte seine anmutige, aparte, androgyne Seite.

Am unterhaltsamsten war der letzte Teil. Hier waren gleich neun junge Männer mit von der Partie. Aus Wolldecken falteten sie Papierflieger und warfen sie in den Bühnenhimmel, wo sie plump zu Boden stürzten. Ähnlich richteten sie auch ihre Zukunftswünsche gen Himmel: "One day I'll grow up, I'll be a beautiful woman. But for today I am a child, for today I am a boy." Mit variierenden Wiederholungen wurden unter der Regie von Antje Pfundner kleine ironisierende Kommentare humorvoll gesetzt.

Von anstrengend, langatmig bis unterhaltend über künstlerisch-ästhetisch war an diesem Abend alles dabei. Die jungen Männer zeigten erstaunliche Bühnenpräsenz. Diese offene, selbstbewusste, unerschrockene Haltung bei Beschreitung unkonformer Wege jenseits der Geschlechtergrenzen lieferte vielleicht die wichtigste Erkenntnis über eine neue Generation junger Männer.

Birgit Schmalmack vom 2.3.11