Everest Geister


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Nur der Wille zählt

Bewegen können die Beiden nichts mehr: Die Schneegöttin Chomolungma hat sie nicht aus ihren Armen entlassen, als sie 1924 versuchten in ihr Territorium einzudringen. Die Bergsteiger George Mallory und Andrew Sandy Irvine starben bei ihrem Versuch der Erstbesteigung des Mount Everest.

Autor und Regisseur Sven Lange lässt sie als Geister sie ihrem Berg auf ewig verhaftet bleiben. So können die toten, aber erzählfreudigen George und Sandy in Rückblenden von ihrem Aufstieg und in Vorblenden von ihren erfolgreicheren Nachahmern berichten lassen. Der junge Sandy hält auch als Geist neugierig Ausschau, wem die Bezwingung des Achttausenders nach ihnen gelingen wird. Sein Kompagnon George ist dagegen frustriert. Er hält sich für einen kompletten Versager: Sein Lebensziel, als erster den Gipfel des Everest zu besteigen, hat er nicht erreichen können. Dass er zudem seiner Frau Ruth und seinen drei Kindern kein guter Ehemann und Vater war, kann er sich nicht verzeihen. Sandy gelingt eine andere Rückschau auf sein Leben: Es war zwar sehr kurz, aber er durfte Teil einer großen, Sinn stiftenden Tat sein.

Lange hat tolle Schauspieler für seine konzentrierte, textfokussierte Inszenierung im Monsun Theater gewinnen können. Vitus Wieser und Cornelius Henne verkörpern eindrücklich die unterschiedlichen Charaktere. Den jungen, wissbegierigen und unbedarften Sandy treibt die Abenteuerlust und der Wunsch nach einem bedeutenden Lebensinhalt um. Den älteren, grüblerischen George zieht sein Ehrgeiz, der durch seine bisherigen Misserfolge nur noch stärker angestachelt wurde, auf den Berg. Er will jedoch auch die Risiken sorgsam abwägen. Der schlaksige Wieser schafft es durch seine beredte Körpersprache auch die selbstironischen Aspekte des Möchtegern-Helden zu zeigen.

Die Bühne (Jan Hüwel) mit den fünf Berggipfeln, die aus simplen, weiß bespannten Klappleitern bestehen, wird durch die sensible Lichtregie zu einem eindrucksvollen Gebirge.

Sven Lange hält am Schluss keinen Trost für die an ihren zu hohen Lebenszielen Gestorbenen bereit. "Da ist kein Licht, da ist nur Dunkelheit", erkennen die Beiden, bevor der letzte Scheinwerfer abblendet.

Birgit Schmalmack vom 27.2.09