Der Ansager einer Striptease-Nummer gibt nicht auf


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Abendblatt

Entblößend

Im Theater N.N. erwartet die Zuschauer ein besonderes Ereignis: Der Ansager kündigt "den letzten klassischen Striptease auf deutschem Boden" an. Doch Seine Partnerin Andrea verspätet sich. So gerät er ins Parlieren: Er erklärt die Grundzüge des klassischen Striptease also eben mal. Dieser sehe ja vor, dass jemand vollständig bekleidet eine Bühne betrete und vollständig unbekleidet wieder verlasse. Er schwärmt von Andreas Taktik. Sie erwecke den Eindruck, als sei sie völlig alleine, "als säßen Sie hier nur vor einem Schlüsselloch und guckten ihr beim Ausziehen zu." Genau dies sei nämlich die Kunst des klassischen Striptease: " ein Sich-Unbeobachtet-Glauben glaubhaft zu machen."

Im Reden offenbart der Ansager immer mehr von sich und seinem Seelenleben. Er entkleidet sich mit Worten. Er offenbart seine erfolglosen Versuche die Anerkennung seiner Mutter zu gewinnen. Er gesteht, dass die ganze Sexualität seiner Ansicht nach überhaupt ein einziges Schlamassel sei. Und schlägt eine natürliche Paarungszeit, z.B. den November vor. Dann hätte man die restliche Zeit des Jahres seinen Frieden.

Bisher hat er noch kein Kleidungsstück fallen lassen. Aber wird es dabei bleiben oder wird er am Ende für die immer noch nicht erschienene Andrea einspringen müssen?

Der Text von Bodo Kirchhoff ist klug, spritzig, elegant abschweifend und dennoch tiefschürfend. Ingo Braun spielt ihn unter der Regie von Dieter Seidel mit genau dem richtigen Maß an Frivolität.

Birgit Schmalmack vom 6.3.09