Neil LaBute


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Zu der Kritik von
Abendblatt

Risse im Untergrund

Die Situation scheint klar: Ein gut gekleideter Herr (Oliver Törner) wartet ungeduldig an einem Tisch vor glänzenden Weingläsern: Ein Date in einem schicken Restaurant. Die Tür geht auf: Eine Dame (Miriam Fiordeponti) mit Dutzenden von Weihnachtspaketen kommt herein. Ein wohlhabendes Ehepaar auf ihrer alljährlichen City-Shoppingtour. Doch als die Frau das Handy ihres Gatten braucht um schnell bei den Kindern anzurufen, kippt die Situation. Er will es nicht herausgeben. Seine Frau weiß längst mehr, als er ahnt. Sie hat ihn am Nachmittag bei einem heimlichen Treffen mit ihrer Schwester beobachtet. "Sechs Jahre dauere ihr Verhältnis schon", gibt er später zu. Für die Frau, die ihr drittes gemeinsames Kind erwartet, bricht eine Welt zusammen. Alles woran sie glaubte, ist zerstört. Während der Mann noch die Hoffnung auf Verständnis, auf Vergebung, auf ein Weitermachen wie bisher setzt, plant sie bereits das uunwiderrufliche Ende. Ohne Rücksicht nehmen zu müssen, will sie einen Schlusspunkt unter ihr gemeinsames Leben setzen, dass sie beide morgen in die Zeitung bringen wird.

Auch in den beiden weiteren Einaktern, die am Freitag im Kulturhaus 73 Premiere hatten, geht es um die Diskrepanz zwischen Schein und Realität und die Aufdeckung der Risse des sicher geglaubten Untergrundes. Autor Neil LaBute erweißt sich als ein Meister der Dialoge, die Stück die Stück die Fassaden bröckeln lassen. Es geht um die alles entscheidenden Momente im Leben eines Menschen: um Liebe und Tod. Ob beim dem Studenten (Cino Djavid), der junge unschuldige Mädchen im Internet kontaktiert, um sie dann nach einer Vergewaltigung zu töten. Ob es um ein Paar (Annette Uhlen, Oliver Sauer) geht, dessen letzte gemeinsame Entscheidung die Abtreibung ihres ersten Kindes ist, bevor der Mann am 11. September in einem der Twin Towers dem Terroranschlag zum Opfer fällt. Immer geht es um die Nichtkommunikation, um die Illusion von Gemeinsamkeiten, um die Täuschung des Gegenübers, der der Illusion gerne aufsitzt, weil er getäuscht werden will.

Mit wenig Dekorationsmittel und mit sensibel agierenden Schauspielern kommen die drei intelligenten Minidramen unter der Regie von Alexander Kohlmann und Peter Löscher bestens zur Entfaltung.

Birgit Schmalmack vom 12.12.08