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Meine, deine Wirklichkeit

Sven (Martin Deisler) ist auf der Suche nach der Ordnung im Chaos seines Kopfes. Völlig verwirrt ist er im Krankenhaus aufgewacht. Was ist geschehen? Sein Gehirn gibt nur noch Erinnerungsfetzen preis. Langsam, mühsam rekonstruiert er die Geschehnisse. Sven war bisher der visionäre Part eines erfolgreichen Start-Ups. Sein Partner Thomas war für den Vertrieb und das Marketing zuständig. Jetzt soll nach Thomas Willen der Zeitpunkt für den stets geplanten Exit gekommen sein. Doch Sven will und kann sein "Baby" nicht verkaufen. Er fürchtet die Ruhe, den Stillstand danach. In dieser aufgewühlten Stimmung trifft er eine Journalistin (Imke von Döllen) , mit der er eine die Nacht verbringt. Am Morgen danach quälen ihn die Schuldgefühle. Noch ahnt er nicht, dass Thomas (Thomas Georggiadis) seit etlichen Jahren eine Liaison mit seiner Frau (Kerstin Pietsch) hat. Der Unfall auf der nun folgenden Fahrt zum Flughafen verändert noch einmal alle Parameter.

Der Text des Hamburger Autors Carsten Brandau ist ein schnelles Stück über neue Firmen- und traditionelle Beziehungskonzepte. Er stellt die Frage nach Parametern im Leben eines Menschen, an denen er in einer schnelllebigen Zeit Halt zu finden versucht. Er stellt einen Zusammenhang zwischen einer sich ständig verändernden Umwelt und den Bindungen von Menschen her. Die Regisseurin Inka Neubert hat dafür mit ihrem engagierten Vierer-Darsteller-Team eine rasante, zeitgemäße, freche Umsetzung gefunden, die sich erlaubt immer wieder in Distanz zum Text zu treten und dadurch eine Schnodderigkeit einzubringen, der den Witz des Textes erheblich steigerte. Das künstlerische, einfallsreiche Bühnenbild von Alireza Varzandeh lieferte viele eindrückliche Bilder. Ein Bett aus Papierschnipseln ist auf der Bühne des Monsun Theaters bereitet. So etwa mag das Chaos in Svens Kopf aussehen. Doch aus dem Haufen können sich plötzlich Gegenstände wie Urinale oder Autositze materialisieren. Kurz vor Ende raschelt es und vier durchscheinende Schnipsel-Matten erheben sich zur Decke. Zum Schluss stehen alle vier Personen hinter diesem Vorhang. Nur ihre Schatten sind noch sichtbar, ganz so wie ihre Vorstellungen und Gedanken für die jeweils anderen zu Bloßen Fassaden geworden sind, die sie nicht mehr durchschauen können. Ein toller Theaterabend, den "INEATA" im Monsun Theater Hamburg zeigte.

Birgit Schmalmack vom 8.1.09