Crossing borders



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Grenzen in den Köpfen

Eine Frau trägt die Welt auf ihren Schultern durch den Raum. Das Kabel ihres Leuchtglobus wird eine der vielen sichtbaren und unsichtbaren Grenzen in "Crossing borders" bilden. Andere werden mit weißem Klebeband auf dem Boden markiert. Mit ihm werden abgelegte Kleidungsstücke oder einzelne Körperteile befestigt. Eine Frau überklebt z.B. einen ihrer Füße und bleibt beim Versuch ihre eigene Grenze zu überschreiten hängen. Immer wieder schiebt ein Tänzer seine Beine aus dem Schulterstand in die Höhe. Es wirkt wie das umgekehrte Bild der Eingangszene: Nun trägt die Erde den Tänzer.

Auf der Bühnenrückwand wird der Blick über die zypriotische Stadt Nikosia allmählich klarer. Langsam schreiten davor die Tänzer über den leeren Raum, bilden immer wieder einzelne Standbilder. Wie in Zeitlupe entwickeln sich aus ihnen neue Konstellationen. Irgendwann klebt sich einer der Männer mit Hilfe des Klebebandes ein Haus auf den Boden. Als eine der Frauen seinen Rückzugsort zerstört, indem sie die Klebebänder abreißt, gerät er in wilde Panik. Eine andere Tänzerin zieht eine lange weiße Grenze auf den Boden direkt vor der ersten Zuschauerreihe. Der Zopf einer auf dem Boden liegenden Tänzerin wird einfach mit fixiert. Zwei Tänzer nutzen ihren Spielraum und rollen sich neben der Grenze entlang, Der Tänzerin jedoch ist diese freie Beweglichkeit verwehrt; sie bleibt mit dem festgeklebten Zopf hängen.

Die deutsch-zypriotische Choreographin Alexandra Waierstall findet geheimnisvolle Bilder für die tatsächlichen Grenzen und die Grenzen in den Köpfen. Die vielen stillen langsamen Phasen werden kontrastiert von einigen schnellen Tanzsequenzen, die von spontaner Lebenslust und Ausdrucksfreude zeugen. Schnell werden sie aber wieder von den wie eingefroren wirkenden Zeitlupenbildern abgelöst, die von äußeren Beschränkungen sprechen, welche nur vorsichtige Schritte erlauben. De letzte Szene macht diese Gefahr überdeutlich: Einem Mann wird eine Plastiktüte über den Kopf gestülpt. Seine mühsamen Atemversuche werden über ein Mikrophon verstärkt. Dann wird er auf den Boden gedrückt und mit Erde überdeckt.

Eine höchst ästhetische Arbeit, deren Bilder noch nachwirken werden.

Birgit Schmalmack vom 4.4.09