Amerika


www.hamburgtheater.de

Gefangen

Seiner Bewegungsfreiheit enthoben, Allein, und dennoch den Blicken aller ausgesetzt - so fühlt sich Karl Roßmann, nachdem er von seinen Eltern verstoßen und nach Amerika verbannt worden ist. Er strauchelt von einer beklemmenden Situation in die nächste. Kurz von seinem reichen Onkel aufgenommen und wieder auf die Straße gesetzt, von zwei Landstreichern ausgenutzt, in einem Hotel als Liftboy eingestellt, bei einer Sängerin als Dienstbote gefangen gehalten - so gestaltet sich sein Leben nach Ankunft in New York. Der brave ahnungslose Junge wird herumgeschubst, ausgenutzt und ausgenommen. Er wird zum Spielball der Anderen, immer auf der Suche nach etwas Anerkennung und Zuneigung.

Der unvollendete Roman von Franz Kafka findet auf der kleinen Nebenbühne im Thalia in der Gaußstraße mit dem Solo-Darsteller Philipp Hiochmair eine furiose Umsetzung in einem sehr passenden Bühnenbild: Ein durchsichtiger Glaskasten hält Karl gefangen und gibt ihn dennoch allen Blicken preis. Selbst die für die Zuschauer nicht sichtbaren Momente werden per Webcam auf den Bildschirm über dem Glasverlies übertragen. In diesem spielt Hochmair alle Rollen gleichzeitig. Mit dezidiertem Medieneinsatz wird unter der Regie von Bastian Kraft ein kleines eindrucksvolles Theaterstück daraus, dass dem Text Kafkas mit einem weiterem Textfragment von ihm ein hoffnungsvolles Ende verlieht: Karl bewirbt sich beim Nature Theater von Oklahoma und wird für "niedere technische Dienste" angenommen. Auf seiner Zugfahrt nach Oklahoma wird ihm zum ersten Mal die Größe Amerikas bewusst.

Birgit Schmalmack vom 14.9.09