Johann Holtrop, Kampnagel Der reine Schauspielerinnen-Cast ist zuständig für die gesamte Personage des Romans und springt im dauernden Wechsel von einer Rolle in die nächste. Ihre Dialoge werden fast durchgehend in einem Sprechgesang und mit einer speziellen Bewegungschoreographie vorgetragen Dieses Konzept hätte allzu künstlich wirken und die Personen zu Klischeefiguren werden lassen können, doch Bachmann hat genau an den richtigen Stellen, in denen es an die psychologische Substanz geht, den künstlichen Sprachduktus verlassen und den Persönlichkeiten mit all ihren Besonderheiten ihren Raum gegeben. Ein inszenatorisches Highlight des diesjährigen Festivals, das ganz neue Seiten am Altmeister Bachmann zeigte.    Romantische Erkundungen, Thalia Auf der scheinbaren Chaosbühne arrangiert Regisseur Till Dogan Ertener mit leichter Hand zwischen Dialeinwänden, Klavier und Plastikfolien die verlorenen Seelen dieses Stückes. Toll wenn sein Ensemble die so eindrücklich spielen kann wie Sophia Burtscher, die ihrer Katharina so viele Ebenen zu geben vermochte, dass man ihre Abgründe in jedem Moment spürte, auch wenn sie sie nicht in Worte fasste. Ebenso brillierte sie als verruchte, verrauchte und großspurige Frau des Nachbarhauses. Ertener erschuf so innerhalb von einer kurzen Stunde einen Stimmungsraum, der Lust auf mehr machte.    Fools in love, Monbijou-Theater Diese Shakespeare Revue, in der immer mal wieder für einen Song zum Mikro gegriffen wird, ist ein Riesenspaß. Das liegt nicht nur an den netten Einfällen sondern vor allen Dingen an den drei Schauspieler:innen, die so sympathisch mit dem Publikum spielen, dass man ihnen keinen Gag übel nehmen kann und auf die Stringenz der Grundgeschichte gerne verzichtet. Einzig das überraschende und gefühlt allzu frühe Ende gießt etwas Wasser in den Wein des Vergnügens. (Foto: Joachim Gern)    Serge, Altonaer Theater In "Serge" wird sich einerseits über den Tourismus der Vergangenheitsbewältigung lustig gemacht und andererseits dieser als Anlass einer Konfrontation mit Verdrängungsmechanismen genutzt und ein tiefer Blick in die Seelen der Familienmitglieder gewagt. Schließlich wird das Schweigen vererbt. Worauf es sich bezieht, kann aber vielgesichtig sein. Aus deutscher Perspektive ein ungewohnter Ansatz, aus französischer Sicht erfrischend selbstverständlich möglich. Ein intensiver, konzentrierter und sehenswerter Abend unter der Regie von Georg Münzel im Altonaer Theater. Auch dank der phänomenalen Leistung von Ulrich Bähnk, der den sensiblen Kotzbrocken in jeder Sekunde überzeugend spielte.    Richard III., Hamburger Theaterfestival Bei Lars Eidinger unter der Regie von Thomas Ostermaier ist "Richard III" weniger ein blutrünstiger Schlächter, der einen vermeintlichen Konkurrenten nach dem anderen aus dem Weg räumt, als vielmehr ein verschmitzter Spieler, der dem Publikum zuzwinkert, während er seine Mordtaten präsentiert. Er ist der geborene Manipulator. Sogar das Publikum kann er spielend auf seine Seite ziehen. Er erzählt ein wenig von seiner schweren Kindheit, von der Ungerechtigkeit seiner äußerlichen Natur, von seiner Zurückweisung durch die Anderen, die nur auf Äußerlichkeiten setzen, und schon scheinen ihm alle Sympathien zuzufliegen. Auch als Bestie bleibt er ein augenzwinkernder Charmeur.