Penthisilea


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Liebeskrieg

Dass Männer militärische Laufbahnen durchlaufen, dass sie zum Töten erzogen werden, dass sie ihre Mitmenschlichkeit unter die strategischen Ziele stellen müssen und können, daran hat sich die Gesellschaft gewöhnt. Sie finden jedoch zu Hause stets Frauen vor, die ihre Wunden pflegen, die ihre heldenhaften Gatten bewundern und sie mit Liebe umsorgen, solange bis sie wieder ihre Pflichten für das Vaterland erfüllen können. Sie werden mit der Anerkennung der Gesellschaft und mit der Gunst der Frauen für ihre Tapferkeit belohnt. Was geschieht jetzt, wenn auch sie zum Töten erzogen werden und wie die Männer in den Krieg ziehen?

Penthesilea (Susanne Wolff) ist eine solche kampferprobte, unerschrockene Frau. Dass auch sie Gefühle entwickeln kann, von denen sie bisher nicht einmal geträumt hat, erfährt sie auf dem Schachtfeld. Ausgerechnet hier trifft sie auf Achill (Alexander Simon), den Helden der Griechen. Doch wenn beide Geschlechter auf Härte getrimmt worden sind, kommt die Zartheit und die Romantik zu kurz. In ihrer ersten Begegnung jenseits des Kampfgetümmels versuchen die Beiden sich näher zu kommen. Doch statt Zärtlichkeiten und Küsse auszutauschen, beißen und schlagen sie sich. Hier zwar in durchaus liebevoller Absicht, aber ihnen fehlt schlicht das Handwerkzeug zum Lieben, ihres langt nur zum Hassen.

Im Kampfe war Penthesilea die Unterlegene, doch die stolze Frau kann sich keinem Manne, sei er auch noch so verliebt, ergeben. Sie kann ihn nur als Siegerin akzeptieren. So fordert er sie erneut zum Kampfe heraus. Sie interpretiert dies als Kriegserklärung und nicht als fingierte liebevolle Unterwerfung. Achill kommt wehrlos mit einem kleinen Degen zum Treffen, sie dagegen mit ihrem gesamten Arsenal. Sie kann nur militärisch strategisch denken. So zerfleischt sie den, den sie liebt.

Regisseur Stephan Kimmig zeigt diese letzte Szene als eine erotische Entkleidungsszene. Penthesilea liebkost den von ihr Getöteten, wie sie den Lebenden nie berühren konnte. Reduziert auf fünf Akteure (Michael Weber, Claudia Renner) erzählt Kimmig die tragische Liebesgeschichte als eine Versuchsanordnung. In einem Raum, der an ein Untergeschoss eines Parkhauses erinnert (Bühne: Katja Haß), fungiert Helmut Mooshammer als versierter Leiter durchs Geschehen. Er darf die Fakten der Rahmengeschichte liefern, er darf die Namen herunterrattern, er darf die Requisiten reichen und er muss damit leben, dass die Schauspieler ungeduldig klopfend und trommelnd auf ihren Einsatz warten. Im ersten Teil vor der Pause sind die Männer und Frauen durch ihre Kleidung klar voneinander unterschieden: Die Frauen tragen durchscheinende Flatterkleider und hohe Stöckelschuhe und die Männer Hose du Hemd. Nach der Pause sind alle scheinbar geschlechtslos in uniforme schwarze Anzüge gesteckt, die nur vordergründig ihre nackten Triebe darunter verdecken.

Birgit Schmalmack vom 14.11.05