Viel Lärm um nichts-2006


Zur Kritik 2006 von
Spiegel
Abendblatt
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SZO (dpa)

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Krieg zerstört die Liebe

Die Männer erstürmen in Armeekleidung und mit griffbereiten Waffen die Bühne. "Der Krieg ist aus!", aber ihre Gemüter sind nur schwer auf Romantik umzuschalten. Die Luftballonsherzen der Frauen steigen einer nach dem anderem in den Zelthimmel auf, ohne dass sie die gewünschte Wirkung entfalten können.

Doch dann scheinen sich die lang aufgesparten Wünsche der schüchternen Hero und des dichterisch veranlagten Claudio (Tim Porath) trotz aller Widrigkeiten in Erfüllung zu gehen. Durch die Vermittlung des stets machtbewussten Don Pedro (Jörg Koslowski) werden sie ein Paar. Wie störanfällig das junge Glück jedoch ist, zeigt eine nicht einmal besonders klug einfädelte Intrige, die Hero der Untreue verdächtigt. Ohne ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen, löst Claudio vor der ganzen Hochzeitsgesellschaft die Verlobung auf und stürzt die junge Hero in die Schande. Nur ihre Cousine, die scharfzüngige Beatrice (Judith Hofmann), glaubt an ihre Unschuld und nutzt die Gelegenheit um den arroganten Soldaten Benedikt (Alexander Simon) , der ihr schöne Augen macht, zu testen. Wird er zu ihr oder zu seinen Männerfreunden halten? Wird er ein Mann sein, wie er immer vermeldete und Claudio zum Duell herausfordern? Benedikt der stets schwor, nie ein alberner, unzurechnungsfähiger verliebter Galan zu werden, vergisst alle seine guten Vorsätze und zückt für die schöne Beatrice seine Waffe. Doch er unterliegt. Tödlich getroffen tanzt er mit seiner Geliebten einen ersten und zugleich letzten Tanz.

Als "Viel Lärm um nichts" begann das Stück im Theaterzelt des Thalia Theaters in der Hafencity. Doch aus dem lockerleichten Spiel um die ersehnte Liebe wird schnell tödlicher Ernst. Wer die Menschlichkeit im Krieg verlernt hat, kann nicht auf Knopfdruck seine Gefühle wieder anknipsen. Infiziert von dem Glauben an die Macht und der Neigung zu schnellen, endgültigen Entscheidungen suchen die Menschen nach eindeutigen Sicherheiten. Doch die zwischengeschlechtlichen Beziehungen laufen nach anderen Gesetzen ab als die Notwendigkeiten, die sich auf dem Schlachtfeld ergeben.

Regisseur David Bösch nutzte die einem Zirkuszelt ähnliche Atmosphäre des Raumes um zunächst eine fröhliche Komödie zu inszenieren. Mit knatternden Motorrädern, viel Konfetti, knallenden Bodenklappen und schnellen Schnitten gibt er Gas. Doch dann crasht er die aufgestauten Emotionen gekonnt im zweiten Teil und lässt das Stück in eine todernste Tragödie umkippen. Nachdem der Mast, an dem die glitzernden Party-Glühbirnen aufgehängt waren, umgetreten wurde und die riesengroße Hochzeitstorte zerstört ist, ist allen klar: Hier geht es um Zerstörung. Gefühle haben keinen Platz mehr. So bleibt den Frauen am Ende nur weiter zu träumen und ihre Luftballons wieder in den Bühnenhimmel steigen zu lassen.

Birgit Schmalmack vom 3.7.06