Welche Droge passt zu mir


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Existenzielle Fragen

Julien (Ulrich Bähnk) glaubt, er sei in einem Hotel gelandet. Er kann sich zwar nicht mehr entsinnen, ein Zimmer gebucht zu haben, aber er hat dringend etwas Erholung von seinem anstrengenden Arbeitsalltag als Redakteur einer Zeitung nötig. Die anderen Gäste des "Hotel zu den zwei Welten" können über seine Naivität nur lachen. Sie haben die Erkenntnis über ihren Aufenthaltsort schon hinter sich. Der Magier (Volker Mosebach), der Unternehmer, die Putzfrau (Brigitte Böttrich) und die herzkranke, junge Frau (Nina Kolberg) wissen schon, dass sie in einer Zwischenstation zwischen Leben und Tod gelandet sind. Wird der Fahrstuhl auf oder abwärts gehen, das entscheidet sich erst während ihres Aufenthaltes. Doktor S. (Kerstin Hilbig) stellt keine Diagnosen und empfiehlt keine Therapien. Sie hat nur die Aufgabe den Menschen beim Warten behilflich zu sein und sie zum Fahrstuhl zu geleiten.

Eric-Emmanuel Schmitt ist als Autor dafür bekannt, philosophische Fragen in interessante Geschichten zu verpacken. In seinem Stück überlegt er, welche Antworten der Mensch angesichts des Todes dem Leben abtrotzen kann. Kann er jeden Augenblick wie einen Bonbon auspacken und genießen? Oder sorgt er sich nur um die Aktienkurse seines auf der Erde zurückgelassenen Unternehmens? Gibt es nun ein Leben nach dem Tod? "Die schlimmste Antwort auf diese Frage wäre es, wenn es darauf eine Antwort gäbe," meint dazu Doktor S.

Julien kann seinen Aufenthalt in dem Zwischenreich nutzen. In seinem schnellen Leben auf der Erfolgspur fand er keine Zeit zum Überlegen. Hier aber trifft er auf das herzkranke Mädchen, das nur in diesem Reich der vom Körper Befreiten die unbefangene Liebe genießen darf. Im Angesicht des möglichen Endes mag sich auch Julien auf dieses Gefühlserlebnis einzulassen.

Maike Harten beweist wieder einmal Gespür für die sensible Inszenierung eines Stückes. In dem gekonnten Bühnenbild von Stephan Dietrich, das den Fahrstuhl in eine halbrunde Klinikwartehalle setzt, macht sie heiße und tiefgründige Gefühle erlebbar, die im Kontrast zu den weißen Kacheln stehen.

Birgit Schmalmack vom 5.3.06