Learning Europe


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Zappen durch Europa

Qualität kommt von Qual, sagte schon Berti Vogt, wie Moderator Jörg Kleemann am Ende von "Learning Europe" süffisant bemerkt. Gequält haben sich, wenn überhaupt, nur die beteiligten Schauspieler und Regisseure, die versuchen mussten, die Vielzahl von Regieaufgaben, die ihnen von Armin Petras gestellt worden sind, innerhalb von sechs Probenwochen zu erfüllen. Die Zuschauer bekamen ein sehr kurzweiliges Zappen durch die europäische Kulturlandschaft geboten. Neunzehn Präsentationen waren mit jeweils zwei Schauspielern und einem Regisseur der beteiligten Landestheater vorzustellen. Am Freitag zeigten die Teams aus Slowenien, der Slowakei, Litauen, Luxemburg und Deutschland ihre Ergebnisse in Hamburg, außer dem Hamburger Team, das hier nur die Aufgabe der Moderation zu absolvieren hatte. Strenges Timing begrenzte die Umsetzung der insgesamt zehn Darsteller auf etwas über zwei Stunden. Das war nur durch gleichzeitiges oder überschneidendes und zeitlich limitiertes Präsentieren auf drei Spielfeldern, drei Leinwänden und in zwei Telefonkabinen möglich. Letztere waren notwendig um das Lied, das gemeinsam mit einem angerufenen Menschen aus dem Heimatland am Telefon einstudiert werden sollte, für den ultimativen Song-Contest am Schluss vorzusingen.

Ansonsten gab es Aufgaben wie: Laden Sie einen Ausländer zu einem Abendessen ein! Planen und bauen Sie ein Baumhaus! Zeigen Sie was Sie an ihrem Land lieben und hassen! Stellen Sie dar, wie sich Mann und Frau kennen lernen! Spielen Sie den Stoff " Medea"! Während die beiden Darsteller der Theaters aus Bratislava geschickt meist das Mittel der Pantomime benutzten, setzten die Beiden aus Vilnius und Ljubljana auch auf das Medium Sprache. In dem letzteren Team teilte sich der männliche Part dankenswerter Weise häufig auf Englisch mit. Das luxemburgische Damen-Duo glänzte mit vielfältigen Sprachkenntnissen: Französisch, der Luxemburgische Dialekt und z.T. Deutsch und Englisch kamen zu Gehör. Trotzdem musste der Inhalt des Gesagten häufig unverständlich bleiben. So wurde das Sprachgewirr der EU realistisch nachfühlbar.

Ein interessantes Projekt und ein Abend der vielen Eindrücke, die aufgrund der sprachlichen Barrieren meist an der sichtbaren Oberfläche bleiben mussten. Trotz der professionellen, äußerst stringenten Zeitführung und zurückhaltenden schwarz-weißen Gestaltung durch die Hamburger Regisseurin Annette Pullen, blieb das Projekthafte erhalten.

In einem der letzten Bilder kam es zu einem spannenden Zusammenspiel der drei Plattformen, die auf dem Fußboden abgrenzt waren. Links litt das Duo aus Ljubljana pantomimisch ausdrucksstark am tragischen Stoff der Medea, in der Mitte inszenierte Bratislava mit der Peitsche in der männlichen Hand und der geduckten Frau den Hass auf ihr Land und rechts zeigt die Schauspielerin aus Vilnius ein traditionelles litauisches Stück in wallendem Kostüm. Dabei gingen zaghafte ironische Blicke von Spielfeld zu Spielfeld und ließen satirische Kommentare erahnen. So könnte ein vorsichtiger Austausch zwischen den Kulturen beginnen.

Birgit Schmalmack vom 5.4.04