Das wird schon. Nie mehr lieben


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Goldfarbene Leere

Zwei junge Frauen kriechen aus der Wabenwand in den Raum mit dem grünen Wellenboden und der Blumen-Foto-Tapete. Sie setzen sich mit größter Selbstverständlichkeit auf eines der drei Flower-Power-Sofas, das aber um 90 Grad gekippt und an die Wand gehängt ist. Das einzige Sofa, das sich vorübergehend in der Waagerechten befindet, hat Rollen. Das ergibt mit dem hohe Wellen schlagenden Fußboden allerdings eine labile Grundlage. Dabei will die Frau I (Maren Eggert) ihre Einsamkeit doch endlich auf eine intelligente, stabile Basis stellen. Dass die Wahrnehmung der Welt etwas aus den Fugen geraten zu sein scheint, verrät somit schon das Bühnenbild von Katrin Frosch.

Die Frauen versuchen sich gegenseitig davon zu überzeugen, dass sie im Begriff sind genau das Richtige zu tun: Sie haben ein Seminar für den letzten Tag des Jahres gebucht: "Nie mehr lieben" ist sein Thema. Endlich wollen sie ihre immer noch ungebrochene Sehnsucht nach einer Beziehung überwinden lernen. Auch die vielfachen Ent-Täuschungen mit den Männern haben sie das bisher noch nicht lehren können. Dazu brauchen sie Knut (Norman Hacker),den Kursleiter, der sich ihnen im Laufe des Abends gerne zur Verfügung stellt alle Gefühls- und Erinnerungsräume als Universaldarsteller der Männerfiguren mit ihnen noch einmal zu durchleben. Schließlich verfügt er als Vertreter der Gattung Mann über einschlägige Erfahrungen. Ein Miet-Klageweib (Harald Baumgartner) steht ihm dabei zur Seite. Es solidarisiert sich bei Bedarf mit den leidenden Frauen und kann sich natürlich auch hervorragend mit den "Männern" identifizieren. Süffisante Kommentare sind somit garantiert.

Knut ist mit am Ende mit seinen Seminarteilnehmerinnen sehr zufrieden. Frau II (Judith Rosmair) fühlt gar nichts mehr. Nur noch eine große "goldfarbene" Leere, wo einmal die Sehnsucht und die Träume waren. Autorin Sybille Berg hat wie gewohnt ihre Gesellschaftskritik auf die Spitze getrieben und sich nicht gescheut Klischees aufzugreifen. Dass sie bei den einzelnen Geschichten gar nicht all zu sehr übertreiben musste, dafür reicht schon ein Blick in die Szene-Medien, in den Bekanntenkreis oder in die Chatrooms, die der Partnersuche dienen sollen. Isabel Osthues ist mit den vier grandiosen Schauspielern ein wunderbar ironisches Kabinettstückchen gelungen. Sie hat es geschafft mit ihrer rasanten, überraschenden und skurrilen Inszenierung die zum Teil bekannt klingenden Beziehungsgeschichten so aufzupeppen, dass für Aufmerksamkeit durchgehend gesorgt ist und die dahinter stehenden Menschen trotzdem noch ernst genommen werden können.

Birgit Schmalmack vom 9.1.05