Warten auf Godot


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Wir langweilen uns zu Tode

Selten wurde man im Schauspielhaus auf so dilettantische Art unterhalten. Zwei Comedians (Tilo Nest und Joachim Meyerhoff), die hoffentlich einmal bessere Trage gesehen haben, versuchen für ihren müden Klamauk ein wenig Aufmerksamkeit zu erhaschen. Mittlerweile sind ihre Hosen zu kurz, die Glitzer-Brillen zu groß, die Country-Fransen-Hemden aus der Mode, die Stiefeletten zu klein und die Gitarrengriffe und Stimmen aus der Übung. Die Mikrophone übertragen statt groß angekündigter Songs mit Klampfenbegleitung nur ein lautes Knallen, wenn sie wieder einmal gegen den Kopf stoßen. Tollpatschige Alt-Herren-Clowns, die auf jeder Provinzbühne ausgebuht werden würden, werden im Schauspielhaus jedoch mit Jubel und Beifall bedacht.

Schließlich hat Jan Bosse die zwei schlechten Kopien von bekannten Unterhaltungskünstlern (à la Elton John, Otto, Librace) als Estragon und Wladimir das "Warten auf Godot" klamaukig verkürzen lassen. So lässt jeder dieser missglückten Scherze tief blicken, weil er die Ödnis ausmalen soll, in der die beiden müden, alten Genossen im blödelnden Nichtstun verharren; vergeblich wartend auf etwas, was nie kommen wird. Das magere Bäumchen, das den Beiden als Markierung des richtigen Warteplatzes dient, ist sinnigerweise ein Mikrophonständer. Hier sind die Alt-Komödianten richtig. Hier haben sie ihren Auftritt. Die Bühne hinter der flirrenden Glamour-Varieté-Vorhang ist allerdings nur ein schwarzes leeres Loch - wie ihr Leben als eine Aneinanderreihung von belanglosen Auftritten. Selbst die Erinnerungen daran sind verschwommen. Stattdessen versucht der vorbeikommende, beifallsgeile Pozzo (Jörg Ratjen) mit seinem Schweinchen Lucky ihnen die Show zu stehlen. Doch nicht seine blinkenden, diamantbesetzten Strahle-Zähne sorgen für Aufsehen sondern der abstrakte Tanz und der weitausschweifende Vortrag von Lucky (Wiebke Puls alias Lukas Satz) an der Galgenstrick-Leine.

Neil Postman hatte uns einst eine von Medien gesteuerte Zukunft ausgemalt: Wir würden uns noch zu Tode amüsieren. Dass wir diese Zukunft wohl längst erreicht haben, dürfte man spätestens beim Zappen durch die Comedy-Shows auf allen TV-Kanälen ahnen. Fast drei Stunden langweilten sich Didi und Gogo auf der Bühne zu Tode und die Zuschauer begriffen messerscharf, dass dies scheinbar auf genau das hinausläuft, was Postman damals gemeint hatte.

Birgit Schmalmack vom 16.2.04