Aire


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Gegen die stromlinige Normierung

Weiß - schwarz, Mann - Frau, ursprünglich - technisiert, beschaulich - hektisch, stark - schwach: Das Leben besteht aus Kontrasten. Doch die Menschen neigen dazu, Schubladen und Normen zu bilden, um zwischen den Widersprüchen die Übersicht nicht zu verlieren.

Wie eine Versinnbildlichung des chinesischen Yin und Yang wirkt das Eingangsbild des Stückes "Aire" im Ilé Shango. Die weiße Frau sitzt auf dem Fußboden, blickt direkt mit offenem Blick nach vorne. Als ihre zweite Hälfte hockt spiegelbildlich hinter ihr der schwarze Mann. Ihre beider Hände sind fest aneinander gekettet. Wie die schwarz und weißen, inner verschlungenen Symbolhälften gehören sie zueinander, stoßen sich ab und ergänzen sich doch aufs Beste. Irgendwann schaffen sie es sich loszulassen und ihre Bewegungsfreiheit zu erweitern. Sie bleiben aufeinander bezogen und tanzen ein Duett, das Anregungen voneinander aufnehmen kann ohne den anderen zu behindern. Als sich zwei weitere Tänzerinnen hinzugesellen, ergeben sich neue Möglichkeiten. Gemeinsamkeiten und Unterschiedlichkeiten können nun jenseits der Geschlechter- und Farbgrenzen erprobt werden.

Lesme Grenot, der schwarze Tänzer und Choreograph des Stückes findet beeindruckende Bilder für die Kontraste und Unvereinbarkeiten, die der Mensch in sich trägt, die ihn beunruhigen, faszinieren und voranbringen. Die Balance zu finden, bleibt die spannende Lebensaufgabe. Gernot versinnbildlicht die Widersprüche und die Anregungen mit den Mitteln des Tanzes und der Musik. Seine anspruchsvolle Choreographie verlangt höchstes tänzerisches Niveau. Mit ausdrucksstarken, inhaltsschweren Bilder lenkt er den Blick auf das Bereichernde der Unterschiedlichkeiten innerhalb der und zwischen den Menschen.

Hingehen, faszinieren und anregen lassen in der wunderschön gelegenen Hinterhoflocation!

Birgit Schmalmack vom 1.7.05

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