Gefährliche Liebschaften


Kritik
von
KN
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mopo
RNZ (dpa)
Abendblatt

hamburgtheater.de

Die Liebe der Steine

Eine Liebe wie Steine zu haben wäre das Ideal der Marquise de Merteuil. Eine Liebe, bei der sie nicht zu fürchten hätte, dass die Lust zu Abhängigkeiten, Verlusten, Schmerzen und Trauer führt? Eine Liebe, bei der man tatsächlich etwas fühlen würde, was sich nicht durch eine schnell eingefädelte Intrige wieder überdecken ließe?

In ihrer Beziehung zu Valmont versucht die Marquise diesem Ideal sehr nahe zu kommen. Immer wieder versichert sie sich und ihm, dass er nichts mehr in ihr zu erregen vermöchte. Die Zeit ihrer Liebe sei vorbei. Doch ihn gehen lassen? Lieber spannt sie ihn für ihre intriganten Spielchen ein, um ihn in ihrer Nähe zu belassen. Zu seiner und ihrer Unterhaltung. So benutzt sie ihn, um die junge unschuldige Cecile (Lisa Hagmeister) in die harte Wirklichkeit der Enttäuschungen der Liebe einzuführen. Als Valmont sich jedoch parallel dazu in die brave Ehefrau Tourvel (Susanne Wolff) zu verlieben scheint, regt sich in ihr zu ihrem eigenen Erstaunen doch ein wenig Unruhe. Konnte sie sich vorher doch glauben machen, dass sie in größter Souveränität nur die Lust an Macht- und Sexspielchen triebe, so scheint das nicht mehr der reinen Wahrheit zu entsprechen. Doch offen zu ihren Gefühlen stehen, das kommt für die Marquise nicht in Frage.

Als Valmont seiner allzu moralischen Tourvel überdrüssig geworden ist und winselnd um die Gnade einer Nacht bei ihr ankommt, ist sie wieder ganz in ihrem Element. Sie richtet sich kerzengrade auf und stößt ihn weg.

Maren Eggert spielt diese eiskalte Manipulatorin grandios. Weißblondes, glattes Haar umgibt ihren Kopf wie eine feste Haube. Auf spitzen Stiefeln stakst sie wie eine Domina durch die weiße Kachelkulisse, die Katja Haß als Bühnenbild gebaut hat. Als sie Valmont einen Moment lang verloren glaubte, zitterte sie am ganzen Körper, erlaubte sich nur kleine Seufzer um sich gleich wieder zusammen zu reißen und um Haltung zu ringen. Felix Knopp als Valmont ist ein windiger Fuchs, der immer auf seinen Vorteil und sein Vergnügen bedacht ist. Stets bereit mit vollem Körpereinsatz und ohne Kleidung seiner Männlichkeit Ausdruck zu verleihen.

Stephan Kimmig ist aus dem Stoff von Christopher Hampton und Heiner Müller nach dem Briefroman von Choderlos de Laclos eine aufwühlende Inszenierung gelungen. Schlüssig und schonungslos hat er herausgearbeitet, wie die Macht und die Furcht vor Abhängigkeiten jede Liebe im Keime erstickt und letztendlich jedes Lustempfinden zunichte macht. Es wird klar, dass diese Gefühle den Mut zur Schwäche zum Gedeihen benötigen.

Birgit Schmalmack vom 27.10.06