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Irische Stromlinienform

Drei Männer erzählen aus ihrem Leben. Alle kommen aus Dublin, aber aus drei unterschiedlichen Generationen. Kevin (Hans Löw) ist der Jüngste. Gerade aus dem elterlichen Heim ausgezogen, möchte er seine gewonnene Freiheit genießen. Durch die Einbindung in einen Arbeitsalltag will er sich dabei nicht einschränken lassen. Genug Probleme bereiten ihm schon seine ständig zugedröhnten Mitbewohner, die in der ganzen Stadt Flyer zu ihrer Einweihungsparty verteilen, ohne an die Vorbereitungen oder Konsequenzen einen Gedanken verschwendet zu haben. Außerdem ist da noch Clare, die Kevin schon immer bewundert hat und die jetzt in greifbarer Nähe, nämlich in seiner WG lebt. Leider bedeutet das für ihn, dass er nun alle ihre Liebschaften direkt miterlebt, ohne in der Gestaltung seiner eigenen Beziehung zu ihr größere Fortschritte zu machen.

Dermot (Harald Baumgartner) scheint zur Zeit besser dran zu sein. Er hat einen neuen Job bekommen, obwohl er nicht weiß wodurch. Er, der Autoverkäufer, der im ganzen letzten Jahr keinen einzigen Wagen verkauft hat, ist in die Reihen einer führenden Managementfirma aufgenommen worden. Um seine Unsicherheit zu überwinden, muss er sich vor jeder Begegnung ordentlich Mut antrinken, was seiner Kontrollfähigkeit natürlich nicht im gleichen Maße zu gute kommt. Während eines kleinen Betriebsausfluges nach L.A. wird ihm schließlich in aller Freundschaft der Irrtum offenbart: Statt seiner sollte eigentlich ein Namensvetter eingestellt werden. So kehrt er zu seiner Frau als der Looser zurück, für den sie schon immer gehalten hat, und wird wieder in ihre wartenden, mitleidigen und tröstenden Arme geschlossen.

Joe (Christoph Bantzer), der Älteste, lebt in einem Altersheim und war stets ein Ausbund an Pflichtbewusstsein. Er freut sich, dass er in einer Zeit gelebt hat, wo das Diskutieren noch nicht zum guten Ton gehörte. Er fand sich in seinem Leben besser zurecht, wenn die Regeln klar waren und er sich dann nach ihnen richten konnte, ohne sie zunächst mühsam in Frage stellen zu müssen. Einmal allerdings gab es in seinem Leben eine Irritation: Er lernte eine Frau kennen, in die er sich spontan und scheinbar ohne Grund verliebte. Fortan mied er sie, da er sich vor dem fürchtete, dass geschehen könnte, wenn er sich diesem Gefühl widmen würde, das er nicht kannte.

Alle drei sind Menschen, die wie Kevin am Schluss erkennt "eine Seele haben, die mit dem Strom schwimmen möchte". Zwar zeigt sich ihre Stromlinienförmigkeit in ganz unterschiedlicher Verpackung, doch sie gehören alle nicht zu denen mit einer Kämpferseele. Kevin mimt vielleicht den Punk und Klein-Revolutionär, doch in ehrlichen Momenten erkennt er, dass er immer nur der Zuschauer, das Cliquenmitglied in der jeweiligen Aussteigerszene ist. So zieht er konsequenter Weise nach dem Wegzug seiner angebeteten Clare aus seiner WG zurück zu seinen Eltern ins wohl geordnete Heim. Dermot markiert zwar den coolen Tiger, doch in Wirklichkeit schlottern seine Knie in den modernen Cargoshorts. Joe ist der Einzige von ihnen, der klar zu seiner Seelennatur stehen. Alle diese Männer sind keine Macher, sie werden gemacht - von der Gesellschaft, von ihrem Arbeitgeber, von ihren Ehefrauen, von ihren Freunden.

Christian Schlüter lässt seinen Schauspielern viel Freiraum zur psychologischen Gestaltung ihrer Rollen. Keine Aufmerksamkeit heischende Regieeinfälle stören das Spiel der Drei. Petra Winterer beeinflusst mit ihrer Bühne ebenfalls kaum: eine Holzhausfassade mit drei gleichförmigen Fenstern (Bürgerlichkeit?), einem durchsichtig blauen Hintergrund (Meer?) und einem zackig verlaufenden, grauen Konferenztisch mit einer Lücke (Lebensweg?)und drei Hockern gestalten die Spielfläche.

Der Beifall des Premierenpublikums feierte begeistert die Leistungen der Schauspieler, während es sich bei denen der scheinbar fehlenden Regie und der etwas unmotiviert anmutende Zusammenstellung der Bühnengestaltung deutlich zurückhielt.

Birgit Schmalmack vom 14.10.01