Dreimal Leben


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Probe fürs Leben

Wenig spektakulär gestaltet sich das Leben von Henri (Burghard Klaußner) und Sonja (Brigitte Auer). Des Abends sitzt sie im Morgenmantel auf dem Sofa und studiert die Akten für die morgige Sitzung. Er springt derweil auf und kümmert sich um die nicht endenwollenden abendlichen Bedürfnisse des sechsjährigen Sohnes. Mal will der Kleine einen Keks, mal ein wenig Kuscheln, mal eine Gutenachtgeschichte. Das führt zu elterlichen Grundsatzgesprächen über das Essen nach dem Zähneputzen, über die Wichtigkeit von Konsequenz in der Erziehung und die Möglichkeit zu Ausnahmen. Der Ton wird zunehmend genervter. Genau in diesem Moment klingelt es: Der für morgen geplante Besuch seines Chefs plus Gattin steht vor der Tür. Schlechter könnten die Voraussetzungen kaum sein, um eine gute Figur vor dem Vorgesetzten zu machen. Der erfolgreiche Astrophysiker Hubert (Rudolf Kowalski) und sein klein gehaltenes, blondes, hübsches Frauchen Ines (Leslie Malton) rauschen in die unaufgeräumte Wohnung in dem verkehrten Viertel. Mit herablassender Geste vertraut der Chef seinem Kollegen an, dass er im Internet eine Forschungsarbeit genau zu Henris Themengebiet erdeckt habe. Dessen ohnehin schwaches Selbstbewusstsein sackt in sich zusammen: Seit drei Jahren ohne veröffentliche Arbeit und jetzt zu spät glaubt er nun seine Karriere entgültig beendet. Genüsslich weidet sich Hubert an seiner Verzweiflung. Sonja, schließlich ist sie von Beruf Anwältin, springt ihrem hilflosen Mann bei und macht bei Hubert damit einen nachhaltig positiven Eindruck.

Die Pariser Dramatikerin Yasmina Reza gibt den Paaren in ihrem Stück "Drei Mal Leben" die Gelegenheit die entscheidenden Szenen zu wiederholen. In drei Durchläufen dürfen sie ihre Lernfähigkeit beweisen. Was im Leben leider nicht möglich ist, spielt Reza auf der Theaterbühne durch. Die erfolgreiche Inszenierung von Ulrich Waller aus den Kammerspielen kam jetzt im St. Pauli-Theater zu einer ebenso begeistert gefeierten Wiederaufnahme.

Birgit Schmalmack vom 16.3.05

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