Geschlossene Gesellschaft


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Ohne Hoffnung auf Veränderung

Die Hölle, das sind die anderen. Diese Erkenntnis machen Estelle (Julika Schmedje), Garcin (Andreas Kleb) und Ines (Liudmyla Vasylieva). Zwei Frauen und ein Mann, die sich zuvor noch nie in ihrem Leben begegnet sind, müssen für immer zusammen in einem Zimmer in dem Bewusstsein bleiben, das keine Änderung ihre Lage mehr zu erhoffen ist. Denn sie sind tot, mit dem Höllenaufenthalt vergelten sie ihre Taten zu Lebzeiten.

Während der feige Deserteur, die Kindsmörderin und die hartherzige Lesbe auf der Erde immer noch Menschen als Puffer zwischen sich hatten, die geduldig ihre Manipulationen, Boshaftigkeiten und Ausnutzungen ertragen haben, treffen sie nun in der Hölle nur noch auf ihresgleichen. In Jean Paul Satres "Geschlossene Gesellschaft" ist die Hölle die ewige Wiederholung eines immer gleich zermürbenden Teufelskreises, der die Menschen in gegenseitiger Abhängigkeit und Verstrickung gefangen hält. Dazu brauchen sie keine Folterknechte mehr.

Das Tourneetheater Hamburg gab im Hamburger Sprechwerk ein Gastspiel und zeigte eine solide Aufführung des Klassikers von Satre. Ihre Hölle ist zartgelb gestrichen und bietet statt der erwarteten Foltergeräte drei Fitnessstationen an. Drei verschiedene Charaktere werden von den drei Hauptdarstellern klar herausgearbeitet: Ines ist die zornige, selbstbewusst auftretende, temperamentvolle Frau, der Männer völlig gleichgültig sind. Estelle ist das kokette Blondchen, das sich nur über das Interesse von Männern definieren kann. Und Garcin ist der starke, kämpferische Mann, der Frauen nur zu seinem Vergnügen benutzt.

Unter der Regie von Ralf Bettinger fand das Ensemble mit dem Tongo-Tanzen ein Bild für die wechselnde erotische Annäherung zwischen den Personen. Noch besser hätte es Satres Gedankenspiel wohl entsprochen, den Rahmen dieser Begegnung in einen abstrakten, nur fiktiven Rahmen statt eines realen zu setzen. Doch auch in dieser Umsetzung wurde es ein spannender Abend, an dessen Ende das Publikum herzlichen Applaus spendete.

Birgit Schmalmack vom 6.6.07