Die Banditen - Kampnagel


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Ganovenehre

"Die Banditen" ist eine Opéra-bouffe von Jacques Offenbach. Regiediplomant Paul-Georg Dittrich nutzt die Vorlage als Anregungsfundgrube für seine Abschlussinszenierung auf Kampnagel. Werktreue sucht man hier vergeblich. Ein Kammerorchester (Swantje Tessmann, Odilo Ettelt, So?nke Klegin unter Tobias Schwencke) sitzt mit auf der Bühne. Auf der auch Mafia-Boss Falsacappa noch an seinen Posen vor der Webcam übt. Vorbilder besorgt er sich aus einschlägiger Fachliteratur wie "Der Pate". Seine Selbstinszenierungen als cooles, erfolgreiches Ganovenoberhaupt geraten aber immer wieder zu unfreiwilligen Slapstickeinlagen. Drogenverkäufe im großen Stile scheitern an Kleinigkeiten. Da erscheint der neue Verehrer der hübschen Tochter gerade recht: Mit einem genialen Diebstahl einer wertvollen diplomatischen Geheimakte schafft er die Aufnahmeprüfung in die Banditenfamilie und die Aussicht nicht nur auf die Tochter sondern auch auf einen drei Millionen Gewinn.

Im ersten Akt orientiert man sich noch frei improvisierend am Original. Doch zum zweiten hin mutieren die Darsteller (Katerina Fridland, Ru?diger Hauffe, Anton Pleva und Kai Meyer) mit den Kammermusikern zur Band "Die Banditen" und verwandeln die Operette in ein ganovales Konzert. Zwischen den Operettensongs schrumpft die wahnwitzige Handlung auf Kurzzusammenfassungen in erträglichem Wikipedia-Format zusammen. Zum Schluss wagt man sogar noch eine Eins-zu-eins Übertragung aufs Heute. Vor dem Bild einer Südseeinsel wird eben mal die neue imperialistische Strategie von westlichen Geldgebern in afrikanischen Entwicklungsländern skizziert. Mit Verzicht auf Stringenz, Spaß an Ideenvielfalt, Talent zur Leichtigkeit und Lust zur Unterhaltung macht Dittrich die Operette zu einem amüsanten Abend mit einem Hauch Gesellschaftskritik.

Birgit Schmalmack vom 23.2.11