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Abendblatt

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Keine Theaterdurchschnittsware

Einfache Holzstühle stehen im Halbkreis. Ein paar Instrumente liegen bereit. Erinnerungen an Versammlungen in schmucklosen Gemeindesälen werden wach. Nacheinander kommen einzelne Menschen herein: ein junger Schwarzer, ein älterer Mann mit schütterem Haar, ein Farbiger mit Dreadlocks, eine blonde Frau in strengem Rock, eine junge Frau in Minirock und Turnschuhen, eine ältere mit Brille, ein Mann mit Rauschebart und Cappy. Sie erzählen von einer kleinen amerikanischen Stadt, deren Bewohner sie sein könnten. Genau beschreiben sie die Lage der Läden, des Gemeindezentrums, des Parks, des Sportplatzes, des Flusses, der Häuser und Straßen. Eine ganz normale durchschnittliche Stadt mit durchschnittlichen Menschen.

Den jungen Schwarzen aber treibt es aus seiner kleinen beschaulichen Stadt hinaus: auf der Suche nach seiner großen Liebe, nach seinem Vater, nach einem Sinn.

Von alledem berichten die zwölf Berichterstatter ohne Gestik und Mimik. Die Hände stets gerade an den Körper gelegt, berichten sie in möglichst großer Neutralität von den Geschehnissen. Wie neutrale Nachrichtensprecher berichten von Hindernissen, die dem Suchenden mit großer Brutalität in den Weg gelegt werden. Nur wenn sie immer wieder zu den Instrumenten greifen und in einen poetischen, ruhig dahin plätschernden Song mit sakralen Anklängen verfallen, scheinen sie sich eine Privatheit zu erlauben.

Die Geschichte des New Yorker Ensembles klingt wie ein Gebet, das seinen Adressaten verloren hat. Der Himmel bleibt leer, nur die Wolken und die Sonne sind auszumachen. Gott schickt keinen Helden mehr zur Rettung der Menschen auf die Erde. Der Mensch muss sich aufraffen und sich seinen eigenen Helden erschaffen, trotz seiner menschlichen Schwäche und Boshaftigkeit.

Maxwell schafft mit seinen New York City Players ein Theater, das jeden Anspruch an Spektakel verneint. Betont antitheatralisch erzählt er mit "Menschen wie du und ich" seine Geschichten auf der Bühne. Durch die vermeintlich gezeigte Normalität sticht die Absurdität des Erzählten umso mehr hervor.

Birgit Schmalmack vom 25.5.11