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Wahre Freundschaft siegt

Eigentlich hat Lizt Alfonso eine reine Frauentanzcompagnie, mit der sie auf Tournee geht. Eigentlich kreiert Lizt Alfonso Tanzabende. Eigentlich - denn dieses Jahr hatte Alfonso als neue Produktion für ihr Hamburger Gastspiel ein Musical im Gepäck. Dafür hat sie ihr Ensemble zum ersten Mal um zwei männliche Tänzer erweitert und drei Sängerinnen zu ihrem Live-Orchester mit auf die Bühne gestellt.

Ihr Musical berichtet von drei Frauen, die einst die erfolgreiche Frauenband AMIGAS waren, sich dann aber unerwartet trennten und sich jetzt dreißig Jahre später in einer Fernsehtalkshow wieder treffen. Endlich sollen die gut gehüteten Geheimnisse ans Licht gebracht werden: Warum haben sie sich aufgelöst? Wie nicht anders zu erwarten: Die Liebe und Eifersucht war schuld. Die drei Freundinnen verliebten sich in zwei Männer. Die Talkshow führt zur emotionsgeladenen Wiedervereinigung, dem Happy-End steht nichts mehr im Wege. Wahre Freundschaft siegt eben doch.

Direkt aus dem Privatfernsehen auf die Bühne gehievt, so wirkt die Geschichte, die sich Lizt Alfonso ausgedacht hat. Für viel Herz-Schmerz ist gesorgt. Nur Corny Littmanns Stimme, der als deutscher Erzähler durch die Geschichte führt, verleiht ihr einen Hauch von Ironie. Der Rückblick auf die Vergangenheit der drei Frauen bietet viel Raum für perfekt getanzte, schöne Choreographien in verschiedenen Zeitperioden und für aufwändige Kostüme. Ob bonbonfarbenen Petticoats, enge Hosen mit Nickytuch oder rot-schwarze Tangoroben, immer sind die zwanzig Tänzerinnen wunderhübsch anzusehen.

In einigen Szenen beweist Alfonso, dass sie in ihren Choreographien mehr als Kuba-Erwartungen bedienen kann: Da kommen die Tänzerinnen zum Beispiel als Soldaten in schweren Stiefeln und Militäroutfit auf die Bühne und schlagartig ist jede Salsastimmung dahin. Der Geliebte wird von seiner Freundin getrennt und von den Militär-Tänzerinnen vereinnahmt, bis er als Leichnam von dem Hügel aus Soldatenleibern herunterkugelt.

Alfonso ist bekannt für ihren Tanzstil, der sich aus Elementen des Balletts, Modern Dance ebenso wie des Salsa, Mambo, Cha-Cha und Rumba bedient und damit einen ganz besonderen Mix generiert. Diesen zeigt sie auch in "Amigas", doch hier müssen sich die Tänzerinnen die Aufmerksamkeit des Publikums mit den Sängern und Musikern teilen. Die stimmgewaltigen Sängerinnen wären schon alleine mit dem hervorragenden Orchester einen Konzertabend wert. In Alfonsos Musical stehen sie neben den Tänzerinnen, als deren Alter Ego sie ihnen ihre Stimmen leihen sollen.

Eine Szene wird zum Bild für Alfonsos Unterfangen: Hier widmet sich die Geschichte jeder der drei Frauen einzeln. Doch in den heruntergelassenen Bilderrahmen passen nicht beide zugleich; entweder verdeckt die Sängerin die Tänzerin oder umgekehrt. Alfonso wollte aus der reichen Kulturszene Kubas so viel wie möglich zeigen. Das ist ihr gelungen. Doch in der Musical-Sparte ist Alfonso nur guter Durchschnitt gelungen, als Choreographin dagegen ist sie etwas ganz Besonderes.

Birgit Schmalmack vom 6.8.11