Das erste Mal


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Unterschiedliche Sichtweisen

Schüchtern stehen die junge Frau und der Mann nebeneinander. Beide gucken verlegen zur Seite. Beide drucksen herum. Keiner weiß wie das Gespräch beginnen. Dann legen sie gleichzeitig los: Ich muss mich entschuldigen, nein ich muss mich entschuldigen...

Die erste Begegnung eines Mannes und einer Frau? Nein weit gefehlt. Nur der Versuch "Das erste Mal" so perfekt wie möglich zu inszenieren. Lena ist nämlich nicht der Typ, der dieses entscheidende Ereignis einfach so passieren lassen möchte wie manche andere. Sie will es gestalten und erfindet immer neue romantisch aufheizende Surroundings, die das Ereignis zur Perfektionsreife bringen sollen. Die Atmosphäre müsse bei einer Frau halt stimmen, meint sie als Begründung, wenn Felix sich nach ein wenig mehr Spontaneität sehnt. Als er dann wieder nicht genau das richtige gesagt, nicht genau die richtige Blume mitgebracht, nicht genau die richtige Musik gespielt wird, wird er langsam genervt: Nun bin ich schon das zehnte Mal auf Kommando angetrabt... Doch sie bleibt ungerührt: Wenn du nicht mir zuliebe warten kannst, dann ist eben Schluss.

Nach einem Monat Funkstille steht er plötzlich vor der Tür, nennt sie "seine geile Stute" und will ihr jetzt sofort den "Hengst" machen. Überrascht von so viel unerwarteter männlicher Durchsetzungskraft landet sie ohne viel Gegenwehr glücklich mit ihm im Bett.

Dass zum Schluss auch diese Version nicht ganz der Wahrnehmung beider entspricht, stellt sich erst zwanzig Jahre später heraus. Der Text von Michal Walczak nimmt die Unterschiede zwischen Mann und Frau gekonnt auf die Schippe. Die beiden Schauspieler schaffen es scheinbar spielend leicht, dies zu überspitzen, zu konterkarieren, zu ironisieren und gleichzeitig ihre Figuren ernst zu nehmen. Die Beiden vom Theater Landungsbrücken aus Frankfurt sind Könner im Jonglieren mit kleinen Gesten und dem richtigen Tonfall.

Birgit Schmalmack vom 21.7.08