Winteraufenthalt


www.hamburgtheater.de

Warten auf Wahrhaftigkeit

Den Anfang markiert der belgische Schauspieler, der sich entschloss seinen Beruf aufzugeben. Auf der authentischen Tonbandaufnahme berichtet er seinem damaligen Publikum von seinem Vorsatz, nie mehr eine Bühne zu betreten. Durch den Tod seines Bruders seien ihm nur noch die bleibenden Werte wichtig. Er sei zu der Überzeugung gelangt, dass zwar der Suchende nichts findet aber gefunden wird. Das Glück sei ihm widerfahren. Ab jetzt wolle er sich nur noch dem Glauben widmen.

Diese Eingangsszene macht das Thema klar: Auf die Spur nach der Wahrhaftigkeit begeben sich die Menschen zwischen den 32 verschiebbaren Kulissen in der K2. Der Winter ist eine gute Zeit dafür nach wahren Werten zu suchen. Das fehlende Licht lässt die Nähe zum Tode erahnen. In Ritualen suchen die Menschen Halt. So wie die Frau, die aus dem Servieren des Tees eine Zeremonie macht. Die Obertonsängerin liefert dazu melancholische Melodien und die Sopranistin wünscht sich mit barocken Liedern den Tod herbei.

Langsam und mit viel Sinn für jedes Detail spürt Regisseurin Lotte van Berg den Menschen und ihren tieferen Beweggründen nach. Auf der Suche sind sie alle, nach einer Begegnung, nach der Wahrheit, nach Wärme, nach Erfahrung. Genau wie die Zuschauer: Im letzten Bild greift van Berg diesen Aspekt ironisch auf: Viele Stühle stehen nun auf der Bühne. Mit dem Rücken zum Publikum. Sie blicken wie das Publikum auf die rückwärtige Tür. Menschen füllen die Bühne und setzen sich. Alles wartet. Eine Frau blickt auf die Uhr, eine andere ordnet ihren Schal. Langsam macht sich Unruhe breit. Nicht nur auf der Bühne. Auch im Zuschauerraum. Als die ersten auf der Bühne ihren Platz räumen, packen auch einige der Zuschauer ihre Sachen. Dabei war vielleicht gerade das die Botschaft: Das worauf du wartest, findest du nur bei dir.

Birgit Schmalmack vom 7.1.08