William Ratcliff


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Blutige Vorstellung von Liebe

Schon das Eingangsbild beeindruckt: Auf der schräg gestellten, von unten beleuchteten Buhnenplattform in Kreuzform hockt die schwarz gekleidete Amme Margarete (Birgit Lange) mit weit aufgerissenen Augen. Hinter ihr posieren Maria (Stefanie Derner), ihr Vater, der schottische Lear und ihr Bräutigam in unschuldigem Weiß. Blutiges Unheil verkündet das Lied, das Margarete intoniert, während die Übrigen Konversation machen: "Was ist von Blut dein Schwert so rot? Edward, Edward." Die verrückte Seherin weiß mehr als die anderen ahnen. So wie schon Marias Mutter wird auch die junge Frau von der irren Verliebheit eines Mannes heimgesucht, den sie wagte abzulehnen: William Ratcliff tötet seitdem alle Anwärter auf den Posten an Marias Seite. So verfuhr auch Edward, sein Vater, als Marias Mutter es wagte ihn zurückzuweisen.

Die Tragödie nimmt ihren Lauf. Lydia Spiekermann hat im Hamburger Sprechwerk eine aufwändige Inszenierung des selten gespielten Frühwerkes von Heinrich Heine hingelegt. Der sperrige zum Teil pathetische Text von Heine machte es den Darstellern nicht leicht. Spiekermanns Regie setzte auf eindrücklich verkünstelte Bewegungsmuster der einzelnen Darsteller. Einzig Ratcliff und Maria war eine umfassende Persönlichkeitsentwicklung gestattet. Die Träume Ratcliffs, in denen er von Nebelgestalten zu seinem blutigen Tun aufgefordert wird, werden mit zwei Tänzern in Nebenschwaden umgesetzt. Insgesamt dreizehn Schauspieler stehen für die Haupt- und Nebenrollen auf der Bühne. Unten ihnen stach Benjamin Morik hervor. Er verlieh dem Handeln, dem Leid und der Wut Ratcliffs in jedem Moment Glaubwürdigkeit.

Birgit Schmalmack vom 22.12.08

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