Die zweite Frau


Zur Kritik von
mopo

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Weibliche Strategien

Sie hat ihren Irrtum zu spät bemerkt: Ihre Wünsche haben sich als Falle entpuppt. Statt eigenen Ideen nachzugehen, hat sie als Ehefrau eines erfolgreichen Mannes nur zur Erfüllung seiner Wünsche beigetragen. Auch ihre Wunsch-Tochter stellt sich eher als Bürde heraus. Sie rebelliert mit schrillem Outfit offenkundig gegen den angepassten Lebensstil ihrer mit Anti-Faltencreme einbalsamierten Mutter. Konflikte zwischen Mutter und Tochter sind vorprogrammiert. Wenn die Erfüllung der eigenen Wünsche durch die nächste Generation vorgesehen ist, wird der Erwartungsdruck als rotzfrecher Trotz und distanzierte Rebellion zurückgegeben.

Als die Mutter erfährt, dass sie bald an Krebs sterben wird, plant sie ihren finalen strategischen Zug. Sie engagiert eine Haushälterin, die sie als zweite Frau für ihren Mann und als zweite Mutter für ihr unerzogenes Gör vorgesehen hat. In der Osteuropäerin Lena findet sie genau die richtige Besetzung für diese Rolle. Die attraktive, zupackende Frau erkennt klar ihre finanziellen Vorteile in dem Arrangement, das endlich auch ihre Chancen auf ein wenig eigenes Glück erhöhen könnte.

Um Lebensentwürfe moderner Frauen geht es in dem neuen Stück von Nino Haratischwili. Bestimmt die Mutter- und Gattinnenrolle etwa immer noch die Zielvorstellung der Frau? Dient der Mann immer noch als Erfüllungsgehilfe ihrer Wünsche? Haratischwilis Stück macht wenig Hoffnung auf eine grundlegende Weiterentwicklung: Auch die Tochter lässt sich von unrealistischen Sehnsüchten nach dem Märchenprinzen leiten. Ein prall gefüllt Wunschpaket an Traumzutaten für den Idealmann hat sie sich geschnürt.

Nina Pilcher hat für ihre Inszenierung im Monsun Theater drei wunderbar passende Schauspielerinnen gefunden. Schnodderig-frech ist Vanessa Czapla, ironisch-pragmatisch Solveig Krebs und distinguiert und verletzbar Friederike Brüheim. Ein starker Text mit starken Darstellerinnen!

Birgit Schmalmack vom 12.10.09