In einem Land vor unserer Zeit


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Zur Kritik von
mopo

Wo warst du 1989?

1989 waren die Befragten vier bis sechs Jahre alt. Sie erinnern sich kaum an den Mauerfall, sondern verbinden das Jahr 1989 vielmehr mit persönlichen Erlebnissen. Mal ist der Vater gestorben, mal hat die Mutter die Familie verlassen. Der 11. September hat das Leben dieser jungen Leute wesentlich mehr geprägt als der Mauerfall und die Wiedervereinigung. Immer wieder springen sie in neue Geschichten, die den Geburtstag der wieder vereinigten Deutschlands lebendig werden lassen. Da wird vom Musiker James erzählt, der zwei Monate vor dem Mauerfall unter Lebensgefahr in dem Westen flieht. Da ist von der Frau die Rede, die am Tag des Mauerbaus nichts ahnend mit der S-Bahn in den Osten fuhr und nicht wieder zurück fahren durfte. Da wird von den Machenschaften der Stasi in einer Stasimitgliederfamilie erzählt.

Ganz persönlich wird hier Geschichte lebendig gemacht. Das gelingt der Regisseurin Marion Metzen mit den jungen Schauspielern der Hamburger Theaterakademie über lange Strecken hinweg wunderbar. Dank der ideenreichen, energiegeladenen Umsetzung durch das junge Team ist diese Geburtstagsfeier lebendig und spannend. Bemüht wirken allerdings die Befragungen durch die älteren Partygäste Manfred Steffens und Angelika Thomas. Denn die jungen Leute haben kaum ertragreiche Antworten auf die Fragen nach dem persönlichen Bezug zu 1989. Doch auch dies ist eine Erkenntnis des Abends: Wenn wir heute an Freiheit denken, meinen wir eher die Freiheit zum grenzenlosen Konsum. Ein schneller Porsche ist heute eher das Symbol der Freiheit als das offene Brandenburger Tor.

Birgit Schmalmack vom 20.10.09