Thalia Kantine


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Großes Haus in kleiner Kantine

50 Jahre Thalia, ein guter Anlass um in der Thalia Kantine die Geschichte des Hauses Revue passieren zu lassen. Peter Maertens ist ein kundiger Erzähler, denn seine eigene Theaterbiographie ist zugleich die des Hauses. Sein Vater Willi war der erste Intendant nach dem Krieg. Maertens hat danach ebenso unter Boy Gobert wie Flimm und Khuon gearbeitet. Im Schnelldurchlauf der Jahrzehnte werden Inszenierungsstile, Trends, Krisen und Weltereignisse angerissen.

Das singende Bühnenpersonal verwandelt sich eindrucksvoll zu jeder Szene: Schwarz-weiße Geometrie leuchtet auf dem Minikleid in den Sechzigern. Braun-orangene Ornamente schmücken das Kleid in den Siebzigern. Hochtoupierte blonde Wellen werden zu Plateausohlen und Diskokleidung in den Achtzigern getragen. Die Neunziger zeigen sich in Streetwear und Leopardenlook. Das neue Jahrtausend wird mit Dreadlocks, Baseballkappe und Jeansminianzug eingeläutet.

Singend lebt jede der Figuren seine Charaktereigenschaften aus, die in jeder Epoche wieder auftauchen. Die schüchterne Brillenschlange (Christiana Geiße), die liebende Modebewusste (Trauttmannsdorff), der schlangengleiche Vamp (Lisa Hagemeister), der norddeutsche Tump ((Thomas Niehaus), der zurückhaltende Pullunderträger (Julian Greis), der attraktive Lover (Simon), der durchsetzungswillige Regisseur (Tilo Werner).

Erlebnisse sind die Auftritte vom stimmgewaltigen, sympathisch unprätentiösen Julian Greis. Auch Alexander Simon und Victoria Trautmannsdorff glänzen mit tollen Sangesnummern. Regisseurin Alia Luque versucht in die Fußstapfen von Wittenbrink und Gedeon zu treten. Die Bühne ist dabei auf historisches Kriegszeitenmaß geschrumpft. Aber auch das Musikstück bleibt eher Kleinformat. Dennoch macht es Spaß den tollen Schauspielern beim liebevoll kostümierten Kramen in den Erinnerungen zuzuschauen.

Birgit Schmalmack vom 28.12.10