The Show must go on!

Vorhang auf für Cyrano, Komödie Berlin Fotografen Michael Petersohn (www.polarized.de), Bildbearbeitung: Florian Dengler


Auf dem Schild über der Bühne ist zu lesen: "Berlin 2021". Denn die Krise greift um sich, auch im Theater, auch heute. Doch schon die erste Szene macht deutlich: Eigentlich schreiben wir das Jahr 1785. Es ist 5 Jahre vor Beginn des 19. Jahrhunderts und damit im Umbruch begriffen. Soll es nur der Unterhaltung dienen, Gassenhauer produzieren oder der hohen Dichtkunst eine Plattform geben? Die einen halten letzteres für hoffnungslos altmodisch, die anderen für die wahre Kunst. Eine Diskussion, die auch von heute stammen könnte.
Das deutet die Inszenierung von "Vorhang auf für Cyrano!" an der Komödie Berlin unter der Regie von Christopher Tölle dezent an. Auch in Paris gibt es eine "Comédie au théâtre Schiller". Diese ist pleite. Doch der Theaterdirektor gibt nicht auf, denn er liebt das Theater. Ausgerechnet den erfolglosen Poeten Edmond (Philip Butz) sucht er sich aus, damit er ihm ein Stück schreibt, dass sein Theater vor dem Konkurs retten soll. Doch der leidet gerade unter einen Schreibblockade. Als er jedoch die Angebetete seines Freundes - eines hoffnungslosen Casanovas - kennenlernt, die Edmonds Verse grenzenlos bewundert, erhält er die nötige Inspirationsspritze um endlich loszulegen. Ab da verschränken sich Dichtung und Realität seiner imaginierten Liebesgeschichte seiner spontan verfassten Akte um Akte immer mehr. Natürlich ist diese Zweigleisigkeit der Handlung eine Fundgrube für Namensvertauschungen, Undercover-Aktivitäten und Verwechselungen, die dieses Stück aus der Feder von Alexis Michalik reichlich ausschöpft. Doch zugleich wird es zu einer Hommage auf die Spielfreudigkeit des Theaters und die Kraft der Poesie. Ganz besonders in dieser ideenreichen Inszenierung an der Komödie Berlin, die die Freude an der Bühnenkunst durch eine intelligente Ironisierung, Aktualisierung und Brechung gekonnt in den Mittelpunkt stellt. Sie es schafft sogar, ein paar Anmerkungen zum Black-Lives-Matter-Diskurs einzubringen. Wenn die wortgewandte Wirtin Honoré (Adisat Semenitsch) einen Gast, der sie als Mohr bezeichnet hat, selbstbewusst und unter dem Beifall der anderen Gäste hinauswirft, wirkt dies kein bisschen aufgesetzt. Sie sei schließlich kein Mohr sondern ein Mensch, stellt Honoré schlicht wie schlüssig fest. Das Bühnenbild besteht aus vielen Theatervorhängen, die in allen Farben und Materialien von den Seiten auf die Bühnenmitte zustreben. Wie von Zauberhand fliegen die Requisiten auf die Bühne. Wie ein Uhrwerk läuft die Aufführung ab. Hier wird deutlich, wie kunstvoll und präzise das Komödienhandwerk ist. Das Team versteht es perfekt. Alle Schauspieler spielen etliche Rollen. Virtuos springen sie hin und her. Die Schauspieler sind Profis der rasanten Verwandlungskunst. So ist es ein Genuss, dieser Unterhaltungstheaterkunst in aller Perfektion zuzusehen.
Birgit Schmalmack vom 1.7.21