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Elektra

Zur Kritik von

Abendblatt 
 
 


Elektra, Malersaal


Kampfesmut um jeden Preis

Elektra (Angelina Häntsch) rebelliert gegen ihre Elterngeneration, mit einer Unbedingtheit, die keinen Widerspruch duldet. Sie glaubt an die eine Wahrheit, die keine zweite erlaubt. Sie will Rache. Für welche Ideale würde diese Elektra heute kämpfen? Diese Frage hat sich Nino Haratischwili in ihrer Neubearbeitung des antiken Stoffes gestellt, die jetzt im Malersaal ihre Uraufführung feierte.
Elektras Vater kam schwer verwundet aus dem Krieg zurück. Noch in der Nacht fand man ihn in der Badewanne, ertrunken in seinem eigenen Blut. Elektra glaubt die Mörder zu kennen: ihre Mutter (Christine Ochsenhofer) und ihren Geliebten (Hermann Book), der allzuschnell den Platz ihres Vaters einnahm. Als Frau an ihre Geschlechterrolle gebunden, braucht sie ihren noch im Krieg verschollenen Bruder Orest (Florens Schmidt), um sie auszuüben. Doch als er endlich zurückkehrt ist er nicht der, auf den sie gewartet hat. Er will im Gegensatz zu ihr den Krieg und das Morden vergessen.
Haratischwili fügt eine neue Figur in das Drama ein: Polyxena (Katharina Lütten), die Schwester Kassandras wird zum Sinnbild des Anderen, des Fremden, das die Karten neu mischt. Durch die Vermählung mit der ehemaligen Feindin will Orest einen Schlussstrich unter die Feindschaft ziehen. Elektra fühlt sich verraten. Wer bin ich, wenn ich nicht mehr an die Idee der Rache und Wiedergutmachung glauben kann? Sie will sich keine Harmoniesoße über ihre Wut gießen lassen.
Die rosarote Landschaft, in die Bühnenbildnerin Katrin Plötzky Elektras Familie gesetzt, ist für Elektra kein Zeichen von Schönheit sondern von Künstlichkeit und Unehrlichkeit. Sie braucht Genugtuung um mit der Vergangenheit abschließen zu können. Doch Orest will sich nicht zum Handlanger für Elektra machen, er will seine eigene Zukunft gestalten.
Nino Haratischwilli blickt aus Elektras Perspektive auf die Entwicklungen. Wer sich ohne großes Vorwissen und Erwartungen diesem Theaterabend näherte, hatte mehr davon. Wer jedoch die Vorgeschichte berücksichtigt und die Zerrissenheit aller weiteren Figuren neben Elektra sehen wollte, wurde enttäuscht. Sowohl die Mutter, Orest und Polyxena blieben neben Elektra flach und eindimensional. Orest ist ein Möchtegernoptimist, der alle seine Zweifel im Alkohol ertränkt. Klytemnestra wird zur Glitzerfassade, deren Wunsch eine gute Mutter sein zu wollen bloß behauptet wirkt. Dass ihre Tochter Iphigenie von dem eigenen Vater geopfert wurde, wird nicht erwähnt. Der jüngere Sohn Theo (Jonathan Müller) wird auf einen oberflächlichen Hampelmann reduziert. So lotet diese moderne Fassung nur wenige Aspekte des Antikenstoffes aus. Dennoch wird deutlich, was Krieg mit den Menschen macht: Er schafft tiefe Wunden und Traumata, die keiner abzuschütteln vermag. Er erlaubt bei Haratischwili nur zwei Reaktionen: Rache oder Verdrängen. So reduziert und konzentriert Haratischwili den Stoff. Regisseur Klaus Schumacher bringt genau das ganz pragmatisch und unidealistisch auf die Bühne.
Birgit Schmalmack vom 10.9.12





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