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Babytalk

Die alles entscheidende Frage



Der Pädagoge Robert ist 36 Jahre alt. Alt genug um endlich an ein Kind zu denken, findet er. Seine Frau Charlotte, die als Anwältin arbeitet, steht dem gemeinsamen Projekt zunächst skeptisch gegenüber. Zuerst drei Monate Übelkeit, dann sechs Monate Zelte tragen und wie ein Ballon aussehen, um danach von Babygeschrei und Kinderkrankheiten an der Fortführung der gerade erst begonnenen Karriere gehindert zu werden? Nein, danke!
Doch dann lässt sie sich von Robert umstimmen. Schließlich ist sie schon 34. Robert bekommt Muffensausen. Ist er wirklich schon bereit seine Freiheit aufzugeben und Verantwortung zu übernehmen? Während er in Fliegerpose von all den vielen Abenteuern singt, die er noch nicht bestanden und als Vater wohl auch nie mehr erleben wird, hängt Charlotte ihm wie ein Klotz an seinem Bein.
In "Babytalk" beleuchten die Autoren Peter Lund und Thomas Zaufke das Thema Kinderkriegen von allen Seiten. Das Glück, die Gemeinsamkeit und die Liebe kommen dabei ebenso wenig zu kurz wie der Leistungsdruck, unter dem man(n) steht, wenn der Sex nach dem Eisprung terminiert wird.
Die nicht nur vergnügliche Erkundung der zahlreichen Überlegungen, die ein modernes Paar in der heutigen Zeit absolvieren muss, bevor es endgültig in die Familiengründungsphase eintritt, wird mit eingängigen Songs gewürzt. Die treffenden Dialoge werden von Agnes Hilpert und Uli Scherbel unter der Regie von Peter Lund präzise interpretiert. Ein Musik-Theaterstück in der Neuköllner Oper, das aktueller kaum sein könnte. Es passt hervorragend zur derzeitigen Diskussion über die sinkende Geburtenrate in Deutschland. Zum Glück spart es die kritischen Punkte der Kinderfrage nicht aus. Denn die wirklich alles entscheidende Frage, ob ein Paar die Kinder-Projektphase gemeinsam durchsteht oder an ihr in seine Einzelteile zerbricht, können Charlotte und Robert erst nach schmerzhaften Erkenntnisprozessen klären: Können wir wirklich so weit Vertrauen zueinander haben, dass es uns über die Zeit der gegenseitigen Abhängigkeiten trägt?
Birgit Schmalmack vom 11.8.08