Smash Comedy, Theaterschiff
Smash Comedy
Theaterschiff
Mitten aus dem Leben auf die Bühne
Moderatorin Schwessi bereitet auf den Abend im Theaterschiff vor: Es werden heute nur Frauen auf der Bühne stehen. Denn sie sich hat ihrer Reihe Comedy Flash vorgenommen, die Quote zugunsten der Comidiennes zu verschieben. Sie engagiert zu Beginn drei besonders euphorisch klatschende Zuschauerinnen, damit keine Energielücke zwischen Bühne und Zuschauerraum entsteht. Das wäre aber gar nicht nötig gewesen. Denn die Comedy Frauen, die Schwessi heute eingeladen hat, bedürfen keiner bestellten Claqueure.
Schon die erste, Rebecca Pap aus Berlin, schafft es mit ihrem lakonischen Humor Lachsalven aus den Hamburger:innen heraus zu locken. Wenn sie sich über all die Menschen mit einer glücklichen Kindheit beschwert, deren liebende Eltern ihren Kindern immer bestätigt haben, dass sie nur sie selbst sein sollen und ihr jetzt mit ihrem egoistischen Gequatsche ihre Lebenszeit stehlen würden, ist das zum Wegschmeißen komisch. Wenn sie dann auch noch ihr Abo bei der Krankenversicherung ausnutzen will und dauernd zum Arzt geht, führt sie en passant das System vor.
Die nächste, Lynda, kommt laut eigener Aussage vom Dorf und enttäuscht seit ihrer Jugend alle Erwartungen. Niemand erkenne in ihr die Homosexuelle, stattdessen verorte man sie beim Ordnungsamt. Selbst die Anschaffung eines Karabiners für ihren Schlüsselbund hat da keine Abhilfe gebracht. Vor 15 Jahren hatte sie auf dem Dorf keine andere Möglichkeit, als bei „Teste dich.de“ ihre sexuelle Orientierung zu überprüfen und die Einstufung bei „Gute Frage.de“ zu verifizieren. Das sei zum Glück heute etwas anders.
Olga Ugrinsky kommt mit Berliner Schnauze daher, die sie auch gleich auf die Schippe nimmt. Wenn sie den Busfahrer fragt: Ich will zum Hermannplatz, entgegnet der nur „Ich nicht“ und schließt die Tür. Dann wisse man sofort: Man sei in Berlin. Olga glänzt mit schnodderigen Sprüchen, die zugleich Offenheit und Spießigkeit karikieren. Denn sie ist von Haus aus Grundschullehrerin, nicht gerade ein Beruf, der für großes Abenteuer steht. Doch für Comedy Potential, wie ein paar Anekdoten aus dem Schulalltag beweisen.
Absolut souverän auch die nächste Berlinerin Jenny Weber, wenn auch fast halb so alt. Sie wurde vom Applaus während der Corona Zeit so angefixt, dass sie diesen Zustand verlängern wollte, deshalb steht sie jetzt auf der Bühne als Comedienne neben ihrem Job als Pflegekraft. Bei den Demenzpatienten probiert sie ihre Witze aus. Flirten könne sie gut, aber nur mit Männern, obwohl sie auch auf Frauen steht. Mit Männern sei es wie mit Streunern, die sie leicht mit Leckerlies anfüttern könne und die ihr dann hinterherliefen.
Die letzte Comedienne hat ein Heimspiel: Jasmin Kettana kommt aus Hamburg. Weil sie es nicht geschafft hat, auch sechs Jahre nach ihrem Abitur nicht in ihrer Bäckerei zu kündigen, sei sie jetzt die Filialleiterin. Und hat mit lauter Gertrudes zu tun und damit mit deren ganz „harmlosen Rassismus“. Eine von ihnen nennt sie bis heute Yasemin.
Das Publikum fühlte sich, egal ob männlich, weiblich oder *, bestens unterhalten. Dieses Comedy Programm bewies, dass die Flinta Szene genügend tolle Kabarettistinnen zu bieten hat. Ihre Themen und Persönlichkeiten waren so vielfältig wie das Leben. Man merkte dem Programm an, dass alle direkt aus dem echten Alltag kamen. Hier standen echte Menschen auf der Bühne, die mit ihrem humorvollen Blick auf die Welt für neue, humorvolle Perspektiven sorgten. Ob provozierend, systemkritisch, vermeintlich spießig oder burschikos sexy, so vielfältig kann Frauen-Comedy sein.
Birgit Schmalmack vom 29.12.25
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