Titanic, Theater Das Zimmer
Auch die letzte Szene findet auf das Parkett des kleinsten Theaters in Hamburg: Doch hier liegt Rose nicht auf einem Türblatt, sondern oben auf dem Klavier und Jack hält ihr kniend die Hand. So lange, bis er versinkt. Kurz ein rührender Moment. Doch halt, schließlich ist dies heute eine Komödie und so stimmen alle zusammen in den berühmten Titanic-Song ein. Aber erst nachdem sie die schnulzige deutsche Version von Vicky Leandros über sich ergehen lassen mussten. Erleichtert geben sich alle zusammen den Erinnerungen an die Geschichte "Schöne Menschen spielen große Gefühle", wie der Untertitel es versprach, hin. Einhellige Meinung im Publikum: Äußerst gelungen, super gespielt, mit einem Wort: hervorragend.

Ruslan und Ljudmila, Staatsoper Hamburg
Man hätte erwarten können, dass diese „erste“ russiche Oper, die nun in der Hamburger Oper inszeniert wird, für direkte politische Äußerungen genutzt werden würde, doch die Regisseurinnen haben sich dafür entschieden, dass sie ihre Interpretation weiträumiger anlegen. Nicht nur als Parteinahme gegen die russische Aggression, sondern auch gegen die Repressalien der queeren Szene in Ungarn, gegen rechte Strömungen in Deutschland und gegen aufkeimende Unterdrückung alles Woken in den USA. So lassen sie den Raum für viele Assoziationen anstatt allzu schnelle Schlüsse vorzuzeichnen. (© Matthias Baus)

Salon Arsenalna, Kantine Schauspielhaus
Das Zusammenkommen und das Zuhören stehen im Fokus dieses Salons, der nach einem U-Bahnhof benannt worden ist. Literarische Texte, Erinnerungen, Erzählungen und Erfahrungen werden ausgetauscht und so zu einem Gesprächsanlass sowohl für die deutschen wie für die ukrainischen Besucherinnen des Salons. Ein Raum, in dem nicht nur Platz für Trauer, sondern auch für Humor und Hoffnung ist.

Operette für zwei schwule Tenöre, Schmidtchen
Dass ihre Vorstellungen dann doch nicht kompatibel sind, gibt dieser Operette zwar kein Happy End, aber doch ein hoffnungsvolles und positives Ende. „Ein Liebeslied von Mann zu Mann hätte mir als Junge so gutgetan.“ Diese erste schwule Operette von Florian Ludewig (Musik) und Johannes Kram (Text) ist seit Jahren ein Dauerbrenner auf zahlreichen Bühnen Deutschlands. So danken die Darsteller am Schluss allen, die vor ihnen dafür gekämpft haben, dass schwule Menschen mittlerweile mehr Sichtbarkeit haben. Begeisterter Applaus auch im Schmidtchen in Hamburg.

Smash Comedy, Theaterschiff
Das Publikum fühlte sich, egal ob männlich, weiblich oder *, bestens unterhalten. Dieses Comedy Programm bewies, dass die Flinta Szene genügend tolle Kabarettistinnen zu bieten hat. Ihre Themen und Persönlichkeiten waren so vielfältig wie das Leben. Man merkte dem Programm an, dass alle direkt aus dem echten Alltag kamen. Hier standen echte Menschen auf der Bühne, die mit ihrem humorvollen Blick auf die Welt für neue, humorvolle Perspektiven sorgten. Ob provozierend, systemkritisch, vermeintlich spießig oder burschikos sexy, so vielfältig kann Frauen-Comedy sein.

Gaslight, English Theatre
Die Inszenierung von Paul Glaser lebt von dem ausgezeichneten Ensemble. Jede der fünf Rollen ist perfekt besetzt. Hier stimmt jede noch so kleine Mimik. Doch ohne den Ian Bailey als Inspektor Rough wäre dieses Stück nur halb so gelungen. Wie dieser in seinem immer noch ungebrochenen Ermittlungseifer um die Menschen und Fakten herumtänzelt und Stück für Stück die Wahrheit ans Licht holt, ist absolut sehenswert. Er ist das Zentrum dieses Abends, der psychologisch sensibel den Begriff Gaslighting so in eine Handlung umsetzt, dass seine Auswirkung in jedem Moment nachfühlbar ist und seine Auflösung über (mit Pause) fast drei Stunden lang fesselt.

Ein Ehepaar erzählt einen Witz, Kellertheater
Einen unterhaltsamer wie informativer Abend haben Anne Herrmann-Haase, Hans-Gerd Heidel, Klaas Lange, Barbara Lübkert, Erik Meek, Tilman Lünenbürger und Heidi Zeuner hier zusammen auf die Bühne gebracht. Besonderen Schwung erhält er, wenn die Lesenden mit verteilten Rollen zu Spielenden der Szenen werden. Dann fangen die glänzend formulierten Texte des Autors Tucholsky sogar an zu funkeln.

La voix de Carmen, HfMT
Jungregisseurin Huijoon Ahn hat die Oper Carmen von Georges Bizet in ein neues Setting gesetzt, um dieser Frau eine eigene Stimme zu geben. Sie blickt hinter die Geschichte der vermeintlichen Femme fatale. Denn obwohl Carmen stets mit selbstbewusster Stärke und Durchsetzungskraft auftritt, findet sie im Leben keine Selbstbestimmung, die wirkliche Freiheit kann sie nur im Tod erreichen. Ahn zeigt mit ihrer Inszenierung, wie Gewalt jede Beziehungs- und Liebesfähigkeit zersetzt. Das gelingt ihr mit einer klug reduzierten Strichfassung der ursprünglichen Oper, die vom Komponisten Kyungjin Lim um Teile mit atmosphärischen Klangarrangements ergänzt wurde. Die Verlagerung der Oper in ein unwirtliches, zeitloses Niemandsland, in dem die Verwüstung sichtbar ist, erlaubt eine Vielzahl an Assoziationen.

OST (Original Soundtrack), Lichthof
Ihr Abend „Ost“ ist eine Spurensuche in ein Land der Gefühle, das für die Nachgeborenen immer ein großes Fragezeichen bleiben muss, gerade wenn im Westen eher eine Negierung und im Osten eher eine Verklärung vorherrscht. Schönfelder taucht mit ihren Anekdoten und ihren Liedern zusammen mit ihrem Live-Musiker Tom Gatza an Laptop, Keyboard und Gitarre in immer neue Stimmungen ein: mal punkig-rebellisch, mal dramatisch-opernhaft, mal leise-melancholisch, mal frech-ironisch. Die Künstlerin beeindruckt mit ihrer souveränen Präsenz sowohl als Musikerin wie als Performerin, bei der bei aller Ernsthaftigkeit ihrer Suche die Selbstironie nie zu kurz kommt. Ein geglückter Balanceakt.