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Drive Your Plow Over the Bones of the Dead , HfMT Foto: Richard Stöhr

Warum Berlin?

In Berlin probiert sich die Welt aus. Hält dieser Eindruck dem Praxistest stand? Interviews mit 52 Künstler:innen

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Drive Your Plow Over the Bones of the Dead , HfMT Mit sparsamem Requisiteneinsatz, atmosphärischer Lichtregie, innovativen Kostümen und Frisuren, effizienten Rollenwechseln, dramaturgisch klug gekürzter Textfassung und ein wenig Bühnennebel entstand ein Abend, der sich mit der komplexen Beziehung zwischen Mensch, Tier und Natur beschäftigt und die übliche Machthierarchie geschickt in Frage stellt. Die Musik der Künstlerin Rosa Anschütz fügt sich perfekt in die irritierende Atmosphäre zwischen Realität und Fiktion, zwischen Aberglaube und Tatsachen, zwischen Moral und Mord ein. Sie hätte gerne noch mehr im Fokus dieser Musiktheater-Inszenierung stehen können. Verdient hätte sie es allemal. (Foto: Richard Stöhr)

Die bitteren Tränen einiger ehrlicher Erb*innen, L Die ach so geliebte Tante Antonida Etcetera liegt im Sterben, so hört man. Jedenfalls denkt das ihr Neffe, der kleine General. Und so macht er sich Hoffnung auf ein baldiges Erbe. Zumal er gehört haben will, dass es ihm zur freien Verfügung stehen und er keinerlei Beschränkungen unterworfen sein werde, was damit zu tun sei. So lädt er die Zuschauenden schon jetzt einmal zu einer angemessen zelebrierten Trauerfeier. (Paula REissig)

IN:KON:SIS:TEN:ZE, Monsun Der sprachmächtige und anspielungsreiche Abend (Text von Male Schlösser) nimmt gekonnt nicht nur alle Klischees um die Künstler:innen an sich und die Bühnenartisten im Besonderen aufs Korn, sondern auch die der Zuschauenden, die sich dieser Kunstform annehmen. Er dekonstruiert nicht nur die Mythen um die Kunst und das Theater sondern auch um den Erfolg. Ist das Scheitern nicht so viel interessanter und ertragreicher? Denn was kommt nach dem errungenen Erfolg? Dieser Abend über das Scheitern gelingt. Denn er hat etwas zu sagen. Und er tut das mit Hilfe von drei hervorragend präsenten Performer:innen, die die Balance zwischen Slapstick, leiser Ironie, Schweigen und Endlosmonologen bestens beherrschen. (© Milena Schlösser)

Der Vorleser, Altonaer Theater So wurde ein Stück um persönliche Verstrickung mit geschichtlicher Relevanz auf die Bühne des Altonaer Theaters gebracht. Es lebt von seinen ideal besetzten Hauptdarsteller:innen. Johan Richter nimmt man den 14-jährigen, naiven Jüngling sofort ab und Anjorka Strechel ist eine überzeugende, lebenserfahrene Frau, deren Züge von Zärtlichkeit und Weichheit von einer Sekunde auf die nächste auf Härte und Abgeklärtheit umschalten kann. Voller Ambivalenz, Lebenslust und Schmerz. Verstehen muss das Urteilen also nicht ausschließen, kann es aber um wichtige Aspekte vertiefen.

WIEDERGUTMACHUNGSJUDE, Tonali Wenn er selbstkritisch bemerkt, dass sein Seelentier das Chamäleon sei, wenn er die Lyrik fragt, ob sie Wut kann und sie ihm antwortet, ob er Geduld könne, dann ist das der Türöffner für eine Zukunft des Verständnisses, auch über das besondere Verhältnis zwischen Deutschen und Juden. Das kann Lyrik, das kann Daniel Arkady Gerzenberg mit seiner Dichtung und mit seinem Angebot darüber in den offenen Austausch zu treten.

Uprising Bodies, Sprechwerk Es wird ein eindringliches und eindrucksvolles Statement für die Freiheit der Frauen. Im Sprechwerk fliegen zum Schluss alle Kopftücher von der Bühne auf das Publikum zu. Der Abend ruft den Kampf der Frauen (und Männer) im Iran, der nach dem Tod von Mahsa Amini auf allen Nachrichtenkanälen zu verfolgen war, wieder in Erinnerung. Er ist nicht vorbei, auch wenn er in Deutschland allzu schnell von anderen Problemfeldern abgelöst worden ist. Eindeutiges Fazit: spannende Musik, tolles Ensemble, kraftvolle Bewegungssprache und eine klare Botschaft. ©Parichehr Bijani

Hüter des Eigentums, Haus 73 Privateigentum in Frage zu stellen, das ist ein wahrhaft umstürzlerischer Angriff auf die bestehende Grundordnung. Jedenfalls sieht das der Lehrkörper an der Hamburger Privatschule so, als ihr dortiger Schüler Anton es wagt, solche Inhalte in seiner Schule zu verbreiten. Dabei hat er nur gründliche geschichtliche Recherche betrieben. Bis weit ins 17. Jahrhundert gab es die Vorstellung, dass die Natur allen Menschen zur Verfügung stehen würde, um ihnen mit ihren Rohstoffen und angebauten Nahrungsmitteln das Überleben zu sichern.

Die vierte Wand - Im Krieg spielen, Monsun Unter der Regie von Suzanne Emond wird aus dem Roman „Die vierte Wand“ von Sorj Chalandon, das nun als Gastspiel aus dem Berliner Theater unterm Dach im Monsuntheater zu sehen war, ein packendes Drama um einen jungen Mann, der hinter seinen gutbürgerlichen und gutmenschelnden Absichten seine komplette Unwissenheit offenbart, unter der auch noch Reste eines kolonialistischen Gedankenguts durchschimmern. Dabei lässt Regisseurin Emond Georges von drei Männern (Helge Gutbrod, Thorsten Hierse und Florens Schmidt) spielen, die mit ihrem wohl koordinierten, sorgsam choreographierten Körpertheater bloßlegen, dass sie von einer Ordnung ausgehen, die den Gegebenheiten im Libanon in keiner Weise gerecht werden kann.

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