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V_rst_ll_ng, Circus Festival 2025

Sprach-Akrobatik

Chris wirft nicht nur Iris in die Luft und fängt sie sicher wieder auf, sondern auch die Worte, die sie geschrieben hat. Denn ihre gemeinsame Performance betreibt nicht nur Körper-, sondern auch Wortkunst. Sie kombinieren beides, indem sie ihre Geschichten in Bewegungen übersetzen, indem sie mal Buchstaben wie im Titel V_rst_ll_ng, mal Wörter und mal die komplette Sprache verschwinden lassen und mal mit ihr so lange herumspielen, bis der Spielraum so erweitert ist, dass alles möglich scheint. So entsteht pure Poesie, die sie hier auf der intime Bühne des kleinen Zeltes bringen. Sie halten die Balance, nicht nur wenn Chris Iris auf seinen Körperteilen balanciert, sondern auch wenn er die kleinen Holzstäbchen zu einem riesigen Turm aufschichtet, den er dann über die Bühne tanzen lässt.
Ihre Show ist dramaturgisch klug aufgebaut. Sie changiert geschickt zwischen dem Einblick in die Arbeit eines Künstlerpaares, wenn sie über die Entwicklung einer neuen Show berichten, und den Leerstellen, wenn sie selbstgestellte Fragen bewusst unbeantwortet lassen. Kleine Geständnisse schaffen eine persönliche Atmosphäre, um dennoch viel Platz für Überraschungen und Geheimnisse zu lassen.
Manches soll man sich eben einfach vorstellen. Dass die kleine Iris den großen Chris bis unter die Decke des Zeltes hebt und der dort Zeitung liest, bleibt der Fantasie der Zuschauenden überlassen. Das schaffen sie in umgekehrter Rollenverteilung. Doch dort Zeitung lesen? Das bleibt dann doch allein der Vorstellung überlassen. So greift an diesem Abend alles wunderbar ineinander und wird zu einer künstlerischen Gesamtv_rst_ll_ng, der nichts mehr fehlt.
Birgit Schmalmack vom 7.8.25

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