Almost Legal Alien, Haus 73
Mustafa Algiyadi
Almost legal alien
Looking through the glory hole of belonging
Ja, da sei dieser Name. Denn woran denken die Leute bei Mustafa? Da klingeln doch nicht nur an allen Grenzen die Alarmglocken. Wenn dann auch noch zu lesen ist, dass er ein Kernfusionsstudium absolviert hat, kann das seine Weiterreise schon einmal um mindestens zwei Stunden verzögern, bzw. ganz an ihr vorzeitiges Ende bringen. Sein Geburtsland tut sein Übriges. Er stammt aus Libyen, gerne immer wieder mit dem Libanon verwechselt. Manchmal auch noch nachdem Menschen seine Show bis zum Ende verfolgt haben.
Der Comedian Mustafa Algiyadi liebt die Kommunikation mit seinem Publikum. Das merkt man sofort bei seiner Soloperformance „Almost Legal Alien“ im Haus 73. Für sein Ego möchte er zuerst herausfinden, wer die längste Anreise in Kauf genommen hat, um ihn zu sehen. Dann fragt er nach dem Anteil der „Ausländer“ im Publikum. Heute Abend ist er fifty/fifty, stellt er fest. Schlagfertig und interessiert fragend sucht er den Kontakt. Vielleicht auch um abzuschätzen, wie seine Chancen heute Abend stehen. Denn er sei Single und auf der Suche nach der richtigen Partnerin. Schließlich hatte er sich in Libyen anhand der Serie „Sex in the city“ gründlich auf seinen Umzug in den Westen vorbereitet und die kulturellen Eigenheiten der Menschen dort studiert. Dass nicht alle seine Erwartungen erfüllt wurden, obwohl er sich doch solche Mühe gibt, seine volle Integrationsbereitschaft in die deutsche Kultur (jeden Tag Schweinefleisch, gerne eine Bierflasche in der Hand) zu demonstrieren, hat ihn nun auf die Bühne getrieben. Seine Show diene hauptsächlich dazu, seine zahlreichen Qualitäten vorzuführen, so behauptet er mit einem unübersehbaren Augenzwinkern. Eigentlich sei er doch der perfekte Heiratskandidat. Er bringe alle Voraussetzungen für einen perfekten Beziehungspartner mit. Unter anderem habe er fünf akademische Abschlüsse. Natürlich gibt es einen Haken an seiner Partnerinnensuche: Sie muss im Besitz eines deutschen Passes sein. Bürger zweiter Klasse zu sein, davon hat er schließlich genug.
Große Portionen an Humor, Herzlichkeit und Intelligenz beweist er mit diesem Abend, an dem er mit großem Einfühlungsvermögen freundliche Seitenhiebe auf die verschiedenen Kulturen, zwischen denen er sich selbst virtuos bewegt, verteilt, ohne sich selbst dabei auszunehmen. Sympathisch wirkt es sogar, wenn er während seines Programms bei dem ein oder anderen Joke zugeben muss, dass dieser jetzt nicht so recht gezündet habe, er ihn aber dennoch behalte, weil er ihn selbst so gut fände.
Mustafa Algiyadi ist keiner, der bohrt, sondern einer, der mit einem offenen Lächeln im Gesicht eine Möglichkeit zum Hinterfragen anbietet. Das kommt in Hamburg sehr gut an. Oft ist ein nickendes Zustimmen im Publikum zu bemerken, wenn er mal wieder die Eigenheiten der Deutschen, der Araber oder auch der Italiener und Franzosen treffend karikiert. So werden sich alle, die sich schon einmal irgendwo fremd vorgekommen sind, von dieser Show verstanden fühlen, oft herzlich lachen und um etliche Anekdoten und Einblicke bereichert nach Hause gehen können.
Birgit Schmalmack vom 10.11.25
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