Black Rider, Altonaer Theater

Black Rider, Altonaer Theater
Fotos: Caren Detje
Alles hat seinen Preis
In Hamburg hat sich jede Inszenierung von Black Rider an der legendären von Robert Wilson am Thalia Theater zu messen. Obwohl sie schon 35 Jahre her ist. Doch in diese Falle tappt die Inszenierung von Georg Münzel nicht. Sie setzt auf einen ganz eigenen Ansatz. Im Gegensatz zu Wilsons Arbeit gibt es im Altonaer Theater keine schwarz-weiße Abstraktion, sondern eine quietschbunte Jahrmarktsatmosphäre zu sehen. Die Auftritte erfolgen durch Vorhänge aus lauter bunten Kuscheltieren. Der Wald besteht aus Bäumen von Luftballons. Die Live-Musiker:innen sind gleichzeitig Teil des Darstellerteams. Alle sind in türkis-pinke Kostüme gekleidet, die stets wie ihr Spiel zwischen Skurrilität und Klamauk changieren. So ist der Ton des Abends vorgegeben: Ganz ernst wird die Teufelsgeschichte hier nicht genommen werden.
Käthchen (Farina Adisa Kaiser) und Wilhelm (Ruoss) sind verliebt. Doch ihr Vater akzeptiert nur einen Jäger als Schwiegersohn. Also ist Käthchens Ansage klar: „Lerne jagen!“ Für den Schreiberling Wilhelm keine leichte Aufgabe, schon der Gang in den Wald treibt ihm Schweißperlen auf die Stirn. Alle seine abgeschossenen Kugeln verfehlen ihr Ziel. Doch wo Übung und Begabung fehlen, kann der Teufel (Jascha Schütz) helfen. Mit verführerischer Stimme bietet der Teufel seine Dienste an. Magische Kugeln will er Wilhelm verschaffen und liefert sofort den Beweis: Mit einem Kuss übergibt er die Magic Bullets an Wilhelm. „All for love“, denkt Wilhelm und die ersten plüschigen Jagdergebnisse purzeln vom Bühnenhimmel. Käthchen träumt vom „Weddingday“ und selbst der Vater hat keine Einwände mehr. Doch alles hat seinen Preis. Zu spät wird Wilhelm das einsehen. Ein Teufel macht seine Geschenke nie umsonst. Den Lauf der letzten Kugel wird er bestimmen. Der schlaksige Teufel macht aus seinen Absichten eigentlich kein Geheimnis. Schon zu Beginn zeigt er mit seinen nervösen Ticks, welch Geistes Kind er ist. Seine flexible Körperhaltung und seine wendige Sprache geben ihm eine so teuflische Präsenz, das der gutgläubige Wilhelm dagegen ziemlich naiv wirken muss. Bei diesem gewollt heiteren Setting ist die große Fallhöhe natürlich vorgegeben. In der zweiten Hälfte wird endgültig deutlich, dass dies alles kein gutes Ende nehmen wird. Das heitere Rummelplatzgefühl kippt. Doch die dramatischen Gefühle kommen bei dieser Fokussierung auf den Unterhaltungsaspekt fast ein wenig zu kurz. Mehr Raum zum Innehalten und Nachdenken hätte die Wirkung dees Absturzes noch erhöht. Einzelne Protagonist:innen versuchen beherzt dagegen an zu singen. Besondern Noëlle Ruoss glänzt als gefühlvoller Jüngling, die in ihre Songs all seine Verzweiflung zum Ausdruck zu bringen vermag.
Münzel erwartet von den Zuschauenden, dass sie die Geschichte vom Freischütz einigermaßen parat (oder das Programmheft studiert) haben. Er lässt die Texte in einem Mix aus Englisch und Deutsch sprechen, einige der Rollen, die auf der Bühne (von den Musikern) eingenommen werden, bleiben jedoch unklar. Dennoch werden alle am Schluss die Botschaft verstanden haben: Alles hat seinen Preis, erst recht, wenn man mit dem Teufel einen Deal macht.
Das Ensemble hat großen Spaß an dieser Interpretation des Black Riders. Diese übertrag sich schnell auf das Publikum, das am Schluss langanhaltenden Applaus spendete.
Birgit Schmalmack vom 19.09.25
hamburgtheater - Kritiken für Hamburg seit 2000