STRIPPING BOLERO, Kampnagel
STRIPPING BOLERO, Kampnagel
Foto: Julian Baumann
Lustvolles Spiel mit den Erwartungen
STRIPPING BOLERO, Kampnagel
Lustvolles Spiel mit den Erwartungen
Foto: Julian Baumann
An diesem Abend der beiden Choreografinnen Carolin Jüngst & Lisa Rykena „Stripping Bolero“ werden drei Körper sich annähern, sich selbst berühren, Erwartungen erwecken und sie vor allen Dingen unterlaufen. Sie werden dabei versuchen sich gegenseitig Geschichten zu erzählen. Geschichten voller Drama, voller Ekstase und voller Höhepunkte. Sie werden Rituale benutzen und mit ihnen spielen. Sie werden versuchen, auf vielfältige Art miteinander zu kommunizieren. Raymond Liew Jin Pin wird seinen grazilen Körper in Bewegungen sprechen lassen. Emil Leskew ird mit Gebärden ganze Geschichten erzählen und Lisa Rykena wird sich mit dramatischer Gestik und Mimik in große Posen werfen. Dabei geraten sie allmählich in einen gemeinsamen Rhythmus, der mit dem Musikstück korrespondiert, das dem Abend zugrunde liegt. Der sich langsam steigende Trommelschlag des Boleros von Ravel lässt die Drei zu einem Gleichklang finden, der sie vereint.
Geht es um Schwäne, um Prinzen und Prinzessinnen, um Liebe und um Tod? Die Geschichten werden in kleinste Teile zerlegt, mal von der Mitte, mal vom Ende und mal vom Anfang her erzählt. Dabei ist der Inhalt nur Mittel zum Zweck. Denn es geht um das lustvolle Erfinden von gemeinsamen Erzählungen, auch wenn die Art der jeweiligen Erzählenden so unterschiedlich sein mögen. Es geht um Einfühlen, ums Beobachten, um Zuhören und Verstehen. Dafür sich Zeit zu nehmen und sich auf das jeweilige Tempo des Gegenübers einzulassen, bestimmte auch die Arbeitsweise des inklusiven Teams aus Blinden, Sehenden und Tauben. Um die Zugänge für alle gleichermaßen zu ermöglichen, unterschied sich nicht nur die Arbeitsweise, sondern auch das Ergebnis. Denn auf der Bühne mischen sich tänzerische Elemente, audiodeskriptive Beschreibungen, poetische Texte und ausdrucksvolle Gebärdensprache zu einem innovativen Ganzen, das über einen üblichen Tanzabend hinausgeht. Hier entsteht ein neues künstlerisches Gesamtergebnis, das aus den Anteilen aller etwas Neues entstehen lässt. Hier fügt jeder Teil dem Ganzen eine weitere Ebene hinzu. Dass sie sich dabei nie ganz ernst nehmen, sorgt dafür, dass der Spaß nicht zu kurz kommt.
Birgit Schmalmack vom 1.12.25
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